Duisburg. In der Rotunde am Kuhtor in Duisburg müffelt es. Rund zehn Personen trinken Bier, palavern. Den Geschäftsleuten ist die Situation ein Dorn im Auge. Die Alkoholisierten pinkelten wild, pöbelten und schnorrten Passanten an, schildern sie. In einem Brandbrief wenden sie sich an den Oberbürgermeister.

In der Rotunde am Kuhtor müffelt es. Nach Urin, Alkohol, Leuten, die sich länger nicht gewaschen haben. Die hocken an der Rolltreppe, daneben ein paar Pullen Bier. Sie sind guter Dinge. „Irgendwo müssen wir uns ja treffen. Aber wir tun ja auch keinem etwas“, sagt ein älterer Mann mit Bart. Seinen Namen will er nicht sagen. Zu Hause würde er alleine sitzen, hier hat er wenigstens Gesellschaft.

Den Geschäftsleuten passt es hingegen gar nicht, dass die Szene immer größer wird. Sie haben nun einen Brandbrief an Oberbürgermeister Sören Link geschrieben. Bei einer Sitzung des Citymanagements wurde nun beraten, wie man es der Klientel ungemütlich machen kann.

„Früher waren es vielleicht mal fünf. Jetzt sitzen hier immer mindestens zehn rum“, hat Brigitte Falter vom gleichnamigen Ticketshop beobachtet. Kunden würden angebettelt und abends, wenn sie ihren Verkaufspavillon verlässt, werde sie angepöbelt – nur weil sie sich nicht scheut, auch mal das Ordnungsamt zu verständigen.

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„Einmal hat jemand so an die Hauswand gepinkelt, dass alles bei uns durch die Tür lief.“ Als sie die Person ansprach, beendete diese nicht etwa ihr Geschäft, sondern präsentierte sich ihr. Brigitte Falter hat den Mann dann angezeigt. „Das ist aber im Sande verlaufen.“ Laut Polizeisprecher Ramon van der Maat lassen sich die Männer und Frauen selten etwas zuschulden kommen. „Da ist eher das Ordnungsamt gefordert“.

Neue sind aggressiver

Polizeihauptkommissar Michael Werzinger kennt seine Pappenheimer. Er ist Bezirksbeamter und hat die Szene im Blick. Passanten werden in der Regel nicht belästigt, weiß er. „Die streiten sich aber untereinander und beschmeißen sich mit Bierpullen. Das kann richtig unangenehm werden“, hat Stefan Holt, Inhaber des Braut- und Herrenmodengeschäfts beobachtet.

Manchmal komme täglich ein Rettungswagen. „Da sind einige Neue aus dem Ostblock bei, die sind viel aggressiver“, weiß er, wie sich die Szene gewandelt hat. „Meine Kunden sagen mir, dass sie nicht mehr kommen, solange diese Menschen vor der Tür sitzen. Das ist geschäftsschädigend.“

Annette Uelsmann, Leiterin des neu eingerichteten Büros „Frühe Hilfe“, das sich ebenfalls in einem Pavillon befindet, hat noch keine schlechten Erfahrungen mit der Klientel gemacht. „Ich bin aber auch Sozialarbeiterin, ich habe da einen anderen Blick drauf.“ Zumindest ist ihr noch nicht zu Ohren gekommen, dass sich Mütter mit Kindern nicht in ihr Büro trauen. Sie kann allerdings bestätigen, dass es zwischendurch sehr laut ist, so dass man kaum arbeiten kann. „Das Beste wäre, man würde einen neuen Standort finden.“

CDU fordert Verbot von Alkoholverkauf

„Das Problem hat erst angefangen, seitdem ,Netto’ hier ist und die Leute an der Quelle sitzen“, erklärt Stefan Holt. Die CDU fordert denn auch in einer Pressemitteilung, dass geprüft werden soll, ob es Netto verboten werden dürfe, der Klientel weiterhin Alkohol zu verkaufen.

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„So etwas lässt sich kaum durchsetzen“, erklärt „Netto“-Sprecherin Christina Stylianou. „Aus unserer Sicht ist die Situation allerdings verbessert, seitdem wir mit dem Ordnungsamt zusammenarbeiten.“ Seit eineinhalb Jahren beschäftigt der Discounter zudem einen Türsteher, der darauf achtet, dass sich die Kunden benehmen.

City-Manager Klaus-Peter Thomberg hat mit seinem Arbeitskreis zudem überlegt, welche Maßnahmen ergriffen werden können. Hausrecht hat die Stadt, die Zuständigkeit der Duisburger Verkehrsgesellschaft beginnt erst im unterirdischen Bahnsteig.

Die Rede ist beispielsweise davon, Bänke abzubauen oder Fenster aus der Rotunde zu entfernen, erklärt Stefan Holt, der bei dem Gespräch dabei war – und schüttelt den Kopf. „Dann können sich die älteren Passanten nicht mehr setzen. Die anderen haben kein problem damit sich auf den Boden zu setzen.“

Bis sich etwas ändert, bleibe nichts anderes übrig, als regelmäßig das Ordnungsamt zu informieren, sobald man eine Ordnungswidrigkeit beobachte. Ordnungsamt und Polizei sitzen in der Citywache. „Die Mitarbeiter sind schnell vor Ort“, verspricht Stadtsprecherin Anja Kopka.