Duisburg. Viele Jahre haben sie gekämpft, jetzt gibt es aus dem städtischen Haushalt vier halbe Stellen für Diagnose und Hilfe beim Verdacht auf sexuellen Missbrauch. Der Verein Wildwasser gehört zu den Trägern - und engagiert sich künftig auch für Jungs.

Wildwasser ist seit 22 Jahren in Duisburg aktiv, kümmert sich, wie es im Untertitel heißt, um „Beratung und Information für Mädchen und Frauen zu sexueller Gewalt“. War Not am Mann und ein Junge betroffen, halfen die Frauen trotzdem ganz unbürokratisch. Doch jetzt wird sich der Verein um einen neuen Untertitel kümmern müssen, denn das Thema sexuelle Gewalt an Jungs rückt stärker in ihren Fokus.

Die jahrelang beantragte Unterstützung bei der Stadt, Stellen für die Verdachtsklärung einzurichten, war endlich erfolgreich. Unter dem Stichwort „Diagnostik und Hilfe“ bei vermutetem sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen sind seit Anfang des Jahres vier halbe Stellen bei der Caritas, der Ev. Beratungsstelle Duisburg/Moers, dem Kinderschutzbund und eben Wildwasser eingerichtet worden. Lydia Arndt und ihre Kolleginnen sind Ansprechpartner für Lehrer, Erzieher oder andere, die „mit einem komischen Gefühl im Bauch kommen“, weil sich ein Kind plötzlich anders verhält, stiller wird, wie weggetreten wirkt, Freundschaften nicht mehr pflegt, unkonzentriert ist. Lydia Arndt, Diplom-Pädagogin, Tanz - und Gestalttherapeutin sowie systemischer Coach hilft dann, aus der Gemengelage von Fakten und Gefühl einen wahren Kern zu filtern. Dabei sei Behutsamkeit wichtig, denn den meisten Tätern ginge es in erster Linie um Macht, nicht um Sexualität, erklärt sie. Werde ermittelt, sei das für den Täter mitunter noch reizvoller – und für das Kind entsprechend schwieriger.

Sensibler machen und wachsamer sein

Wildwasser und die anderen Anbieter kontakten jetzt Schulen und Kindergärten, bieten Fortbildungen an. Lehrer und Erzieher wollen sie sensibler machen, auch bei Jungen gut zuzuhören, wachsam zu sein.

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Neben der Diagnose ist Hilfe der weitere Auftrag. Sie greift natürlich sofort, wenn sich der Verdacht erhärtet, aber auch ohne bestätigten Missbrauch braucht das auffällig gewordene Kind Hilfe, liegt in seinen Lebensverhältnissen etwas im Argen, ist Silvia Schulze-Thiemig von Wildwasser sicher. Über das Netzwerk wird dann passgenau weitervermittelt. Nicht zuletzt die Pädagogen in den Einrichtungen sind belastet und brauchen professionelle Unterstützung, sagt die Therapeutin. Sie ist zwar glücklich über die personelle Verstärkung, fürchtet aber, dass die Finanzierung nicht reicht und alle Träger im kommenden Jahr zuschießen müssen.