Duisburg. Die gute Nachricht vorweg: Duisburger Jugendliche gehen verantwortungsbewusster mit Alkohol um. Die schlechte: Mädchen sind die Ausnahme. Sie ziehen beim Kampftrinken mittlerweile mit Jungs gleich.

Gemischte Cliquen, mehr Leistungsdruck, gesellschaftliche Tabus, die wegbrechen: Es gibt viele Gründe, warum Mädchen häufiger als früher die Nächte durchzechen. Dass die Konsequenzen wenig appetitlich sind, zeigen nun auch Zahlen des Statistischen Landesamtes. 117 Jugendliche landeten in Duisburg 2012 mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus, 54 von ihnen waren weiblich. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das ein Anstieg von 15 Prozent bei den Mädchen, während die Zahl berauschter Jungen gleichzeitig um rund 20 Prozent abnahm.

„Der Trend geht eindeutig dahin“, weiß auch Udo Horwat. Auch beim Konsum von Cannabis und Ecstasy beobachtet der Geschäftsführer der Suchthilfe längst, dass Mädchen „aufholen“. Direkt nach dem Jahreswechsel hat er mit seinen Kollegen drei Jugendliche betreut – nur Mädchen mit Alkoholvergiftungen.

„In Kooperation mit den Krankenhäusern nutzen wir die Schrecksituation am Krankenbett zur Frühintervention“, so Horwat. Bei Interesse können sich die Jugendlichen am Projekt „Hart am Limit“ beteiligen, wo spielerisch, etwa beim Klettern, all das geübt wird, woran es in Cliquen beim Rauschtrinken mangelt: einander sichern, halten, aufpassen auf den anderen. 66 Jugendliche haben sich daran bislang beteiligt, 37 von ihnen waren – Mädchen.

Kinderklinik statt Notaufnahme

Dass Jungs laut Statistik seltener auffällig werden, sieht Horwat eher vorsichtig: „Die Dunkelziffer ist hoch, denn viele Jungen werden von den Kumpels selbst in erbärmlichen Zustand noch nach Hause geschleppt und ins Bett geschafft.“ Bei Mädchen würde in einem Anflug von positivem Beschützerinstinkt eher der Krankenwagen gerufen, so IKK-Sprecher Michael Lobscheid. Die Kosten eines solchen Einsatzes, rund 1000 Euro, fallen auf die Kassen zurück: „Es ist eine Entwicklung, die uns Sorge bereitet, und das nicht wegen der Kosten.“ Dabei sieht es in der Summe gar nicht so blau aus in Duisburg.

Alkohol - ein Thema für Dich?

Wer viel verträgt, ist voll cool? So richtig dicht sein, ist Dein Ding? Jugendliche, die sich fragen, ob sie übermäßig viel Alkohol trinken oder schon die Kontrolle verloren haben, können einen Risiko-Check machen.

Beim Check der Jugendsuchtberatung kann der persönliche Konsum überprüft werden. Die Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Im zweiten Teil geht es mit anderen zum Kletterkurs. Kontakt: 0203/728126-62.

Suchtexperte Horwat betont, dass vergleichbare Kommunen doppelt so viele Alkoholvergiftungen bei Jugendlichen unter 19 zählen. „Wir kümmern uns bei Jugendlichen häufiger um Messerstechereien als um Komasäufer“, fügt Frank Marx hinzu, ärztlicher Leiter des Duisburger Rettungsdienstes. Für Volltrunkene, die Sanitäter aufgabeln, endet die Party dann allerdings ziemlich uncool: „Wir bringen sie nicht in die Notaufnahme, sondern in die Kinderklinik.“