Duisburg. Unzumutbare Wartezeiten für Arbeitslose, dazu Kitas, Büchereien und Parks, denen Aushilfsjobber gekürzt werden - die zwei größten Streitpunkte sollen nun auch in Berlin auf die Agenda: Die SPD-Ratsfraktion ruft alle Duisburger Bundestagsabgeordneten auf, Sondermittel für die Jobcenter locker zu machen.

Die Taschen dieser Stadt haben viele Löcher, doch keines nervt die Duisburger so sehr wie die Mangelverwaltung im Jobcenter. Unzumutbare Wartezeiten für Arbeitslose, dazu Kitas, Büchereien und Parks, denen 1200 Aushilfsjobber zum Jahresanfang gekürzt werden - die zwei größten Streitpunkte sollen nun auch in Berlin auf die Agenda: Die SPD-Ratsfraktion ruft alle Duisburger Bundestagsabgeordneten auf, Sondermittel aus dem Bundeshaushalt für die Jobcenter locker zu machen.

Bei der Alzheimer Gesellschaft, die ohne Fördermittel auskommt, verlässt man sich gern auf Langzeitarbeitslose beim Telefondienst: „Gerade Ältere bringen die Reife mit, die es im Umgang mit Erkrankten und ihren Angehörigen braucht“, so Vorsitzende Bettina Vootz. Doch wer soll das Telefon abnehmen, Kontakte herstellen, Büroarbeiten erledigen, wenn die vom Jobcenter geförderte Hilfe Ende Februar 2014 ersatzlos ausläuft? „Wir wissen es noch nicht“, sagt Vootz ratlos - und damit ist sie nicht allein. Von 1800 Gemeinwohl-Arbeitern bleiben aufgrund von Budgetkürzungen nur 600 übrig. Sie werden in vielen gemeinnützigen Organisationen bitter fehlen. Für Vootz eine kontraproduktive Entscheidung: „Gerade die bei uns erfahrene Wertschätzung stärkt viele Langzeitarbeitslose so sehr, dass sie irgendwann sogar im ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen.“

Mehr Mittel würden auch dem Jobcenter nutzen

Auf Wunsch der SPD-Ratsfraktion sollen sich Duisburger Bundestagsabgeordneten geschlossen dafür einsetzen, dass der Bund die hartnäckig desolate Situation Langzeitarbeitsloser vor Ort mit Sonderprogrammen abmildert. „Das Jobcenter spart jetzt genau an dieser Stelle“, kritisiert Dieter Lieske, Vorsitzender des Sozialausschusses.

Was Berlin für Duisburg tun kann

Die Situation: Vor Ort sind 30.800 Menschen ohne Job, fast die Hälfte ist langzeitarbeitslos. Trotzdem sind die Bundesmittel zur Eingliederung seit 2010 von 66 auf 32 Mio. Euro geschrumpft.

Die Hoffnung: Laut Koalitionsvertrag sollen bundesweit 1,4 Mrd. Euro mehr für Arbeitslosen-Programme ausgegeben werden. Duisburg könnte auf den Fördertopf vorrangig Zugriff haben.

Bei der SPD-Abgeordneten Bärbel Bas läuft der Lokalpolitiker offene Türen ein: „Viele fordern, man müsse Langzeitarbeitslosen statt 1-Euro-Jobs vollwertige Arbeitsplätze beschaffen“, sagt sie, „aber in Duisburg zeigt ja die unverändert hohe Langzeitarbeitslosigkeit, dass das nicht funktioniert.“ Sie ist zuversichtlich, dass sich durch den neuen Koalitionsvertrag die Option ergibt, „Instrumente so zurechtzuschnitzen, dass zusätzliche Gelder in Duisburg ankommen.“

Mehr Mittel würden auch dem Jobcenter nutzen, das zunehmend unter seinen Aufgaben ächzt. Eine betroffene Hartz-IV-Aufstockerin, die anonym bleiben möchte, berichtet, dass sie seit acht Wochen auf die Rückerstattung von fehlerhaft einbehaltenen 160 Euro und allein seit drei Wochen auf den Rückruf eines Beraters warte. Volle Schalterhallen, reduzierte Öffnungszeiten, fehlende Mitarbeiter - die Personalsituation will Verdi kommende Woche ebenfalls zum Thema machen: „Kunden und Mitarbeiter im Jobcenter sind auch Opfer einer verfehlten Personalpolitik der Stadt.“ Für eine Stellungnahme war gestern im Jobcenter niemand erreichbar.