Duisburg.

In der künftigen Ratsfraktion der Grünen soll nach der Kommunalwahl im Mai 2014 ein anderer Wind wehen – eine frische steife Brise namens Basisdemokratie. Denn der hat sich die neue Kandidatenliste verschrieben.

„Ein neuer Politikstil hat uns zusammengeführt“, erklärte Spitzenkandidatin Claudia Leiße gestern im Rathaus bei der Vorstellung der aussichtsreichen Kandidatenriege, die im kommenden Jahr antreten wird. Hart kritisierte Hinterzimmerpolitik und Alleingänge der Fraktion, die in der Vergangenheit zur Dauerfehde zwischen Partei und Fraktion um Sprecher Dieter Kantel führten, soll es dann nicht mehr geben.

Die neue Stadtverordnetenriege will sich eng an die Partei und die dort beschlossenen Politikinhalte binden. „Teilhabe der Bürger und Mitglieder darf für uns kein Lippenbekenntnis darstellen“, steht in ihrem niedergeschriebenen Selbstverständnis. Dass die Partei etwa gegen die Steag-Beteiligung der Stadtwerke war, die Mandatsträger aber dafür stimmten, das soll es nicht mehr geben. Den gleichen Disput gab es mit der Wahl des Ex-Dezernenten Greulich zum Vorstand der Wirtschaftsbetriebe.

Basis soll besser eingebunden werden

Der Basisgedanke hat Konsequenzen: Die Partei muss künftig früher in Diskussions- und Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Dann hätte es auch den Streit beim Kombibad Homberg nicht gegeben, so Parteisprecher Matthias Schneider. Er ist sicher: Mit den klaren Mehrheiten vom vergangenen Samstag ist der parteiinterne Machtkampf entschieden: „Das war ein Markstein“.

Die neue Grünen-Linie wird sich auch auf mögliche Ratspartner auswirken. „Eine Kooperation mit den Grünen kann es nur dann geben, wenn unsere demokratischen Strukturen von potenziellen politischen Partnern akzeptiert werden“, steht im Grundsatzpapier. Kandidat Gerd Schwemm ergänzt: „Wir wollen auch mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz bei der Stadtverwaltung.“ Klarer sollen durch die Basisorientierung auch die politischen, ureigenen grünen Inhalte werden. Schneider nennt Stichworte: Ökologie und Sozialpolitik. Fehler der Vergangenheit soll es nicht mehr geben: Etwa das Abnicken von „Klotz-Projekten“ wie das Factory Outlet in Hamborn.

Fraktionschef Kantel: Grüne so nicht handlungsfähig

Klar und eindeutig war die Niederlage der bisherigen Fraktionsriege um Sprecher Dieter Kantel bei der Kandidatenaufstellung der Bündnisgrünen am vergangenen Samstag. Dieter Kantel, der zum Ende der Ratsperiode 2014 dann nach 20 Jahren aus dem Stadtparlament ausscheiden wird, nimmt das Ergebnis „sportlich“ – das Maß an Enttäuschung, Frust, auch persönlichen Verletzungen mag man sich denken, auch wenn der 60-Jährige persönlich ohnehin nicht mehr angetreten wäre.

Doch Kantel sieht in dem „Durchmarsch“ der Liste um Claudia Leiße einen Pyrrhus-Sieg. Denn er erwartet: „Die Grünen werden im nächsten Rat nicht koalitionsfähig sein.“ Die neue Linie, dass sich die Fraktion unter der Losung „Demokratie und Transparenz“ dazu verpflichtet, basisdemokratisch Entscheidungen und Linien der Partei zu folgen, widerspreche nicht nur dem Geist der Gemeindeordnung, sondern beraubt in seinem Augen die alltägliche Fraktionsarbeit ihrer Gestaltungsmöglichkeiten und macht sie politikunfähig.

Pragmatische Politik

„Man muss auch kurzfristige Entscheidungen treffen können“, warnt Kantel und verweist auf das politische Alltagsgeschäft. Für alle anderen Ratsfraktionen würden die Grünen mit ihren neuen Basis-Prinzipien zu unsicheren Kantonisten. „Wir waren mit unserer pragmatischen Politik erfolgreich“, betont Kantel, der sowohl ein schwarz-grünes Bündnis managte als auch das amtierende rot-rot-grüne.

Noch deutlichere Worte fand Noch-Ratsherr Frank Michael Rich nach der Niederlage: Eine „handstreichartige Übernahme“ sei das gewesen, von einem „gestörten Verhältnis zur Demokratie der Putschenden“ sprach er. Mit Intrigen, Machenschaften und „mit Hilfe Alevitischer Clans“ habe sich die neue Liste durchgesetzt. Als undemokratisch kritisiert er, dass sich die Ratsmandatsträger dem Votum der Partei unterwerfen sollten. Er überlegt, sich „anderweitig“ politisch zu engagieren.