Duisburg. Als kleine Sensation bewertet der Duisburger Buchautor Hans-Joachim Meyer den Fund des Bühnenbuches. 70 Jahre lang schlummerte es in einem Archiv in Prag, wohin die Duisburg-Bochumer Opern- und Schauspielgemeinschaft 1943 anlässlich der Luftangriffe aufs Ruhrgebiet in Exil gegangen war.

1. Dezember 1921. Vorstellung „Die Räuber“: „Als Herr Dr. Kurz eine Pistole abfeuerte, platzte die Pistole und Dr. Kurz wurde an der Hand verletzt, auch klagte er über Schmerzen am Trommelfell.“ So liest sich der schwerwiegende Unfall im Duisburger Theater im damaligen Bühnenbuch. Genauso wie die Tatsache, dass am 27. Juni 1922 die Aufführung ausfiel, weil das Ensemble und die Mitarbeiter anlässlich der Ermordung Walter Rathenaus demonstrierten.

70 Jahre lang schlummerte das Bühnenbuch in einem Archiv in Prag, wohin die Duisburg-Bochumer Opern- und Schauspielgemeinschaft 1943 anlässlich der Flugangriffe auf das Ruhrgebiet ins Exil gegangen war. Jetzt gelang es dem Duisburger Heimatforscher Klaus Braun, in den Besitz des Buches und weiterer verloren geglaubter Schätze des damaligen Theaterlebens zu gelangen, die den großen Brand des Hauses am 20. Dezember 1942 überlebt hatten.

Licht in die Vergangenheit bringen

In Zusammenarbeit mit Klaus Braun wertet derzeit Hans-Joachim Meyer Fotos und Dokumente aus, um die bisher kaum beleuchtete Geschichte der Duisburger Theaterzeit in Prag erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

So bewertet Meyer die erst jetzt zur Verfügung gestellten Dokumente als „kleine Sensation“. Meyer: „Durch die Kontaktaufnahme zu Prager Archiven sind uns zahlreiche Fotos, Theaterszenen, Programmzettel und als Zugabe das originale Bühnenbuch der Spielzeit 1921/22 zur Verfügung gestellt worden.“

Wie bereits berichtet, erhielten Meyer und der Hamborner Verlag vor etwa 25 Jahren beim Ankauf von heimatkundlichen Unterlagen 20 handgeschriebene Briefe aus den Jahren 1943 bis 1944. Darunter waren Briefe des Duisburger Opernsängers Toni Müller aus Prag an eine Freundin in Duisburg.

Teil-Veröffentlichung zum Jubiläum

Wie Meyer betont, hat man sich aus Anlass der 100-Jahr-Feier des Duisburger Theaters entschlossen, diese Zeitdokumente jetzt teilweise zu veröffentlichen. So werden diese Briefe genauso wie die Geschichte des Bühnenbuches in der Ende November 2013 geplanten neuen Publikation des Hamborner Verlages thematisiert.

Opernfreunde, die sich auch für die Geschichte des Ensembles begeistern, werden dabei auf große Namen der Duisburger Opernzeit aus den 20er und 30er Jahren wie Annie Kindling, Else Dröll-Pfaff und Robert von der Linde stoßen. Nebenbei wird zu erfahren sein, dass die Vorstellung „Madame Butterfly“ am 7. Oktober 1921 mit zehn Minuten Verspätung beginnen musste, „weil die Lampe eines Scheinwerfers im letzten Augenblick zersprang“. Augenzeugen wird es wohl kaum noch geben, dafür aber die penibel aufgezeichnete Eintragung im Bühnenbuch, das Hans-Joachim Meyer nach seinen Auswertungen entweder dem Theater oder dem Stadtarchiv zur Verfügung stellen will.