Duisburg.

In Hamborn hatte die Reise schon vor der Abfahrt Stil: Über eine kunstvoll kopfstein-gepflasterte Vorfahrt ging’s vor das säulen-dekorierte Portal des Bahnhofs, und die großzügige Empfangshalle signalisierte wie der edel-patinierte Uhrenturm klar und deutlich großstädtischen Anspruch. Schade nur, dass schon lange kein Zug mehr hält am Bahnhof Hamborn.

Gastronomie, Lebensmittelhandel, kleinere Dienstleister finden sich heutzutage im Gebäude mit seinen aufwendig strukturierten Backsteinfassaden und Sprossenfenstern. „Der Bahnhof war die bedeutendste Einzelanlage der ab 1908 angelegten Bahnverbindung Oberhausen-Wesel; er war maßgeblicher internationaler Umschlagplatz für Güter und diente als Anschluss an die Haupteisenbahnen des In- und Auslandes“, künden die städtischen Denkmalschützer von einstiger Bedeutung.

Bahnhof wurde 1912 eröffnet

1912 wurde der Bahnhof eröffnet, wer sich zu dieser Gelegenheit Pickelhauben, Marschmusik und Hoch-Rufe auf den Kaiser vorstellt, dürfte nicht ganz falsch liegen. Die Bahnstrecke über Walsum nach Wesel gehörte zu den Verbindungen, die nach den großen Linien wie etwa der Köln-Mindener Eisenbahn gebaut wurden, um die Region noch besser zu erschließen. Die Region, die über Jahrzehnte boomte, die rund um Kohle und Stahl die wichtigste industrielle Herzkammer Deutschlands bildete. Hamborn war geradezu beispielhaft, wie die Ruhrkommunen wuchsen: 1900 hatte die Gemeinde um 28 000 Einwohner, zehn Jahre später waren es 100.000. Hamborn galt als das „größte Dorf Preußens“ mit der Einwohnerzahl einer Großstadt. Stadtrechte gab’s dann 1911, und beim Zusammenschluss mit Duisburg im Jahr 1929 war Hamborn unter den 40 größten Städten des damaligen Reiches. Mithin war der architektonische Anspruch des Bahnhofs keineswegs übertrieben.

Das änderte sich nach 1985, als der Personenverkehr auf der Hamborner Strecke eingestellt wurde. Der Bahnhof war überflüssig und wurde geschlossen.

Wieder richtig Betrieb im Gebäude

Inzwischen ist wieder richtig Betrieb im Gebäude, wenn auch kein Bahnbetrieb. Ein Fischrestaurant lockt mit Gaumenfreuden im angenehmen Rahmen, zu dem die alten Bogenfenster beitragen. Die frühere Empfangshalle ist zum Festsaal für türkische Hochzeiten geworden und kann sich nach wie vor sehen lassen, ein kleines Café bietet Kaffee, Bier und Ayran an – für jeden etwas. Und wer Glück hat, sieht fast vor der Tür die Eisenbahn – immer wenn der Grillo-Gleisanschluss bedient wird.