Duisburg. . Der Essener Stahlkonzern Thyssen-Krupp Steel plant für das nächste Jahr Millioneninvestitionen in dreistelliger Größenordnung am Standort Duisburg. Unter anderem soll für rund 100 Millionen Euro einer der Großhochöfen neu zugestellt werden.

Ein Jahr und neun Monate hatte der Hochofen 9 Ruhe, jetzt wird er wieder Roheisen liefern. Das Anblasen gehört zu einem Investitionspaket in dreistelliger Millionenhöhe zur Modernisierung des Stahlstandortes Duisburg, das sich Thyssen-Krupp vorgenommen hat.

„Aus Marktgründen“ habe man den Hochofen 9 nach seiner Neuzustellung Anfang 2012 noch nicht in Betrieb genommen, erklärte Dr. Herbert Eichelkraut, im Thyssen-Krupp Steel-Vorstand für Produktion zuständig. Nun müsse aber der Großhochofen Schwelgern 2 nach einer „Reise“ (so nennt man die Produktionszeit eines Hochofen) von rund 23 Jahren „in absehbarer Zeit“ ebenfalls erneuert werden. Geschätzte Kosten: rund 100 Mio Euro.

90 Tage Neuzustellung

Der Hochofen 9 soll zumindest teilweise den Produktionsausfall in Schwelgern abdecken. Der Großhochofen hoch im Norden des Werksgeländes lieferte in besten Tagen 12.500 Tonnen, der kleinere Hamborner Ofen 4600 Tonnen pro Tag. 90 Tage dauert normalerweise die Neuzustellung eines Hochofens, bei der nicht nur die Ausmauerung mit Feuerfestmaterial im Inneren erneuert wird, sondern auch die gesamte Steuertechnik, die nach der enorm langen Laufzeit auch in die Jahre gekommen ist. Und: Auch weitergehende Umweltschutzmaßnahmen gehören seit vielen Jahren regelmäßig zu einer Ofen-Neuzustellung. So habe man, erläutert Eichelkraut, die Arbeiten am Ofen 9 genutzt, um neue Filter einzubauen.

38 Mio Euro waren in die Modernisierung des 1962 gebauten und 1987 vergrößerten Hochofens gesteckt worden. 2400 Tonnen Feuerfestmaterial wurden verbaut. Die zwei Meter dicke Ausmauerung schützt den Stahlkörper des Ofens, nutzt sich aber im Laufe der Jahre langsam ab.

Vier Hochöfen von Thyssen-Krupp im Duisburger Norden

„Mit der Ertüchtigung des Hochofens 9 steht uns wieder ein Kernaggregat auf neuestem technischen Stand zur Verfügung“, betont Dr. Michael Peters, Leiter des Bereichs Roheisen. Damit betreibt Thyssen-Krupp im Duisburger Norden vier Hochöfen. Ob es dabei nach der Neuzustellung des Schwelgern-Riesen bleibt, ist indes ungewiss: „Über welchen Zeitraum die Flüssigphase mit vier Hochöfen technisch und wirtschaftlich optimal gefahren wird, hängt von der weiteren Marktentwicklung ab“, heißt es beim Stahlkonzern.

Gleichwohl wird der Stillstand in Schwelgern genutzt, um auch in anderen Werksteilen wesentliche Anlagen zu erneuern. So steht laut Eichelkraut unter anderem die „komplette Modernisierung“ der Stranggussanlage in Beeckerwerth an. Die Kosten werden mit rund 80 Mio Euro angegeben. Diese Anlage sei sehr wichtig für die Erzeugung von „anspruchsvollen, höherfesten Stählen“, wie sie etwa im Kraftfahrtzeugbau und bei den Produktion von Pipeline-Rohren und Grobblech erforderlich seien. Mit Fertigstellung der geplanten Anlagen habe man künftig eine „sehr gute Fertigungslinie“ und damit konkurrenzfähige Stahlqualitäten. Weiter geplant ist zudem der Austausch eines Konverters im Stahlwerk.

Sicherung zukunftsfähiger Stahlqualitäten im Vordergrund

Die Multi-Millionen-Investitionen von Thyssen-Krupp in die Großaggregate seien für die Stahlstadt Duisburg sehr wichtig, sagt Stahl-Vorstand Eichelkraut: „Das macht man nur, wenn man das Vertrauen hat, dass der Standort auch weiter arbeiten kann.“ Die Sicherung zukunftsfähiger Stahlqualitäten stehe im Vordergrund, nicht der Ausbau der Produktionskapazitäten.

Investitionen in die Zukunft - ein Kommentar von Willi Mohrs 

Dass Duisburg Deutschlands Stahlstandort Nr.1 wurde, ist kein Zufall. Die kostengünstige Verbindung über den Rhein zum Erz- und Kohlehafen Rotterdam sind ein Vorteil, andere sind die Nähe zu den weiterverarbeitenden Kunden und hoch qualifizierte Mitarbeiter. Insofern ist die Bereitschaft von Thyssen-Krupp Steel, einmal mehr viele Millionen in die Modernisierung der Duisburger Produktion zu stecken, nur konsequent. Denn es stimmt nur bedingt, dass heute überall auf der Welt Stahl hergestellt werden kann. Stahl höchster Qualität kann nach wie vor nicht jeder. Duisburgs Stahlindustrie setzt in dieser Hinsicht Maßstäbe. Gleichwohl bleiben bei aller Freude über die Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der heimischen Stahlwerke noch Sorgen. Nach wie vor ist die Politik gefordert, Schieflagen im internationalen Wettbewerb nicht noch zu fördern. Energiekosten und Umweltstandards müssen vergleichbar sein. Berlin und Brüssel bleiben gefordert.