Tollkühne Kids in rollenden Kisten

Duisburg.

Nach ganz vielen Geschichten aus der goldenen Zeit der Seifenkistenrennen in Duisburg, die 1971 zu Ende ging, hatte Kornelia Kerth-Jahn vom Erzählcafé im Kultur- und Stadthistorischen Museum Lust, die aktive Jugend aus dem Seifenkistchen plaudern zu lassen. Also lud sie zwei Familien ein, die dem antriebslosen Rennsport total verfallen sind. Die Stolls aus Bergisch-Gladbach und die Rickers aus Billerbeck stellen gleich mehrere Fahrer und Fahrerinnen ohne Nerven, die sich mutig von der Rampe stürzen. Die jungen Seifenkistenpiloten zwischen sieben und 18 Jahren erzählten von Schlaglöchern, doofen Rädern und Eltern, die alles geben.

„Oh, das ist dünnes Eis“, antwortete Sebastian Ricker diplomatisch auf die Frage, was einen guten Fahrer von einem schlechten unterscheidet. „Manchmal sehe ich das schon an der Kiste, wenn da noch das Klebeband runter hängt, dann hat der Fahrer nicht alles getan, was möglich ist“.

Die Ideallinie im Blick

Natürlich geht man vor dem Rennen die Strecke ab und guckt sich die Ideallinie aus. Da sind dann auch die Väter dabei, die noch jede Menge Tipps geben. „Das kann auch schon mal nerven“, gibt Charlotte Stoll lachend zu. „Wenn ich oben auf der Rampe stehe, dann sind eh alle Infos verschwunden und ich muss so fahren, wie ich meine.“ Das klappt anscheinend ganz gut, sie ist immerhin die aktuelle Deutsche Meisterin und Europameisterin und auch ihre Geschwister fahren vorne mit.

Kistenspaß damals und heute

Der Spaß beim Seifenkistenrennen hat sich verlagert, wie die Ausstellung „123…Start“ im Stadthistorischen Museum dokumentiert. Früher stand der Bau der Kiste in der heimischen Garage im Mittelpunkt der Familienaktivität. Heute sind die Karbon-Kisten am Stück gegossen und variieren nur durch Farbe und Feintuning.

Die Zeiten, als Tausende die von der Adam Opel-KG gesponserten Rennen am Uhlenhorst verfolgten, sind vorbei. Heute gibt es keine 3000-D-Mark Prämien als Ausbildungsbeihilfe mehr zu gewinnen. Es gibt einen Pokal oder eine Medaille und damit hat es sich. Dafür sind heute die echten Kistenfans unter sich.

Daran hat Vater Stoll seinen Anteil. Er ist quasi Rennstallbesitzer, Chefmechaniker, Streckenposten und Motivationscoach in einem. Die Räder werden vor dem Rennen zugelost, weil sie manipulationsgefährdet sind. Wenn man doofe Räder erwischt, dann ist das halt Schicksal. Aber bei den Kugellagern, da geht was. „Jeder hat da so seine Methode, die möglichst gängig zu machen, sie werden vorgedreht, ausgewaschen und geölt, oder auch nicht“, sagt Vater Stoll.

Zwei Buchstaben von Sebastian Vettel entfernt

Dann will er gerne wissen, wie die Billerbecker denn ihre Gewichte verteilen. Die lassen sich aber nicht in ihre Karten schauen. „Das überlasse ich den Vätern“, sagt Sebastian Wetter ganz professionell. Er ist schon namensmäßig nur zwei Buchstaben vom Weltmeister der Formel 1, Sebastian Vettel, entfernt.

Vettel gewinnt in Japan

Am Ende wurde es nichts mit der großen WM-Sause in Suzuka. Sebastian Vettel leistete beim Großen Preis von Japan in seinem Red Bull Runde für Runde Schwerstarbeit, belohnte sich mit dem neunten Saisonsieg - auf die erfolgreiche Titelverteidigung muss er dennoch mindestens zwei weitere Wochen warten. © dpa

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Der Wettkampf der Väter ums optimale Kistentuning ist den Jugendlichen nicht immer ganz geheuer, sie genießen die Rennen nicht zuletzt, weil sie Freunde treffen. Die Seifenkistenszene in NRW ist überschaubar, man kennt sich. Aber ein bisschen von der kreativen Physik die ihr Vater ins Tuning investiert, hat auf seine Kinder abgefärbt. Nicht Rennfahrerin, sondern Ingenieurin lautet der Berufswunsch von Charlotte Stoll.