Duisburg. Erstmals brauchte eine Schule in Duisburg zwei Anläufe, um Eltern dazu zu bringen, sich zum Klassenpflegschaftsvorsitzenden wählen zu lassen. Das Engagement der Eltern sinkt mit zunehmendem Alter der Kinder und erschwert die Suche nach geeigneten Nachfolgern, so Schulformsprecher Albert Bruckwilder.

Wer Kinder im schulpflichtigen Alter hat, der kennt die Situation. Es ist Elternabend, Kakaogeld und Weihnachtsplanung sind abgehakt, es kommt der Tagesordnungspunkt Wahlen – und alle schauen betreten auf ihre Schuhspitzen. Hat sich einer aus der Deckung gewagt, wird er künftig mit „Wiederwahl“-Rufen im Amt des Klassenpflegschaftsvorsitzenden festgehalten. Dieses Jahr ging erstmals ein Elternabend an einer Duisburger Grundschule auseinander, ohne ein Elternteil zu wählen.

„Das hab ich so noch nie erlebt“, betont Monika Müller, Schulamtsdirektorin. Sie beriet den Schulleiter, der machte es zur Chefsache - gab den Eltern eine zweite Chance zur Wahl - und dann fanden sich auch zwei.

Teilhabe am Schulleben

Oder muss man sagen, sie erbarmten sich? Eine neuerliche Wahl hätte die Schule nicht anbieten müssen. Zur Not wäre die Klasse ohne eigene Vertretung in der Schulpflegschaft, ohne Ohr in der Schulkonferenz gewesen - und es hätte auch keinen „Puffer“ gegeben zwischen Eltern und Lehrer, wenn es mal kriselt.

Paragraph 73 des Schulgesetzes regelt die Teilhabe der Eltern am Schulgeschehen über die Klassen -bzw Jahrgangsstufenpflegschaft. Er regelt nicht, was passiert, wenn die Eltern gar nicht teilhaben wollen. Dabei sind die Einflussmöglichkeiten nicht gering, findet Martin Fey, Schulformsprecher der Grundschulen. „In der Schulpflegschaft gibt es Infos über das Schulleben, man kann steuernd eingreifen, kann Dinge anstoßen.“ Sie entsendet wiederum Vertreter in die Schulkonferenz, dem höchsten beschlussfassenden Gremium an einer Schule. Hier geht es ums Eingemachte, um den Haushalt der Schule, um Investitionen in Lehr- und Unterrichtsmittel etwa, um Stellenausschreibungen und -besetzungen, um Projektwochen und Klassenfahrten.

„Meine Erfahrung ist: Je kleiner die Kinder, desto engagierter sind die Eltern“, sagt Martin Fey. Das bestätigt auch Albert Bruckwilder, Schulformsprecher der Gesamtschulen. Er beobachtet seit 40 Jahren, dass das Engagement der Eltern „signifikant abgenommen hat“. Vor allem ab der 7. Klasse, wenn statt des Klassenverbandes das Kurssystem beginnt, wenn pubertätsbedingt das Band zwischen Eltern und Kind lockerer wird, ist er froh um zweistellige Teilnehmerzahlen bei den Elternabenden. Dennoch konnten bislang auch an seiner Gesamtschule in Walsum noch alle Ämter vergeben werden.

Stadtschulpflegschaft wählt nach den Herbstferien

Dass erstmals eine Klasse ohne erfolgreiche Wahl auseinanderging, macht Frank Jakobs „baff“. Der Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft investiert 30 Stunden im Monat in sein Ehrenamt, und er macht es gern. „Andere spielen Golf, ich mach Elternarbeit“, sagt er und lacht.

Die Klassenpflegschaft nimmt da noch den geringsten Teil ein. Er sitzt im Schulausschuss, im Arbeitskreis „Offener Ganztag“, engagiert sich beim Deutschen Städtetag, der Landeselternkonferenz. Er hat eine Homepage aufgebaut, einen Blog, er pflegt Facebook- und Twitter-Accounts. Darüber reagiert er auch auf landes- und bundesweite Bildungsthemen.

Seit zehn Jahren geht das so. Aber seine Tochter hat diesen Sommer Abi gemacht und Jacobs sucht jetzt einen Nachfolger für die Wahl nach den Herbstferien. Zur Not würde er am liebsten die Statuten ändern, damit man auch ohne schulpflichtiges Kind weitermachen kann. Denn „man lernt unheimlich viel“, lobt der Mann, der im Betriebsärztlichen Dienst eines großen Pharmakonzerns arbeitet.

Etwa sich durchzusetzen: Mit viel Engagement hat er etwa für den Erhalt von Schul-Hausmeistern gekämpft und dem Schulausschuss 11.500 Protest-Postkarten von Eltern überreicht. Aber auch im Kleinen ist immer wieder seine Hilfe gefragt.

Eine Angst will er potenziellen Aktiven gleich nehmen: „Dass das Kind darunter leiden muss, wenn ich etwas zu meckern habe, ist eine Mär“, betont er. Eltern seien oft unbequem, „aber sie wollen ebenso wie die Lehrer die Kinder gut durch die Schulzeit bringen“. Nur die Ansätze seien manchmal unterschiedlich.