Duisburg. Nach der Erweiterung der Umweltzone ist die Zahl der Verstöße in diesem Jahr deutlich angestiegen. Allein im ersten Halbjahr hat die Stadt 1255 Bußgeldbescheide gegen Plakettensünder erlassen. Ab Juli 2014 wird Plakettenregelung erneut verschärft.
Die Zahl der Autofahrer, die wegen fehlender oder roter Plakette in der Umweltzone zur Kasse gebeten werden, klettert weiter in die Höhe: Allein im ersten Halbjahr hat die Stadt 1255 Bußgeldbescheide gegen Plakettensünder erlassen. Das sind rund 20 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie die Stadt auf Nachfrage der NRZ mitteilt.
Zu Jahresbeginn hatten sich die Regelungen verschärft: Seitdem dürfen auch keine Autos mit roter Plakette in die Umweltzone einfahren, die sich nahezu über das gesamte Stadtgebiet erstreckt. 40 Euro kostet die Fahrzeughalter der Verstoß, mit Bearbeitungs- und Zustellgebühren sind es 63,50 Euro. Hinzu kommt aber auch ein Punkt im Zentralen Verkehrsregister in Flensburg.
Doch längst nicht alle Fahrzeuge ohne oder mit roter Plakette sind gesetzeswidrig im Stadtgebiet unterwegs. Denn nach wie vor gelten zahlreiche Ausnahmen, vor allem für Nutzfahrzeuge, Busse, Lastwagen oder Einsatzfahrzeuge. Wie viele Autos derzeit noch mit roter und gelber Plakette gemeldet sind, kann die Stadt nicht konkret beziffern. Zum Jahreswechsel, kurz vor der Verschärfung der Umweltzone, hatte das Umweltamt die Fahrzeuge mit roter Plakette auf rund 3000 geschätzt, zuzüglich etwa 1000 Nutzfahrzeuge. Mit gelber Plakette sollten demnach noch rund 12.000 Fahrzeuge unterwegs sein, plus 2500 Nutzfahrzeuge. Für sie gilt ab Juli 2014 ein Fahrverbot, wenn die Umweltzone auf „grün“ gestellt wird.
Die Umweltzone bleibt auch fünf Jahre nach ihrer Einführung ein Streitthema. Den Umweltverbänden geht die Umsetzung viel zu langsam, die Unternehmen dagegen beklagen die damit verbundenen höheren Belastungen.
Streit um die Sinnhaftigkeit der Umweltzone
Duisburger Unternehmen wird jetzt schon angst und bange, wenn die Umweltzone im Juli 2014 auf „grün“ geschaltet wird: Wie aus einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer hervorgeht, fühlen sich 40 Prozent der Firmen in Duisburg und am Niederrhein von der Verschärfung der Umweltzone unmittelbar betroffen. Jeder dritte Unternehmer muss nach eigenen Angaben Fahrzeuge neu beschaffen oder nachrüsten. Viele Unternehmen, insbesondere kleinere und mittlere, würden „weitere, unverhältnismäßig hohe Belastungen“ fürchten, wenn ab Juli 2014 im Ruhrgebiet für alle Fahrzeuge nur noch die grüne Plakette gilt.
Den Umweltverbänden dagegen gehen die Maßnahmen längst nicht weit genug: Die Luftqualität im Ruhrgebiet habe sich trotz der einheitlichen Umweltzone nicht ausreichend verbessert, beklagen BUND und Nabu. Den Bürgern wären etliche Tonnen des gesundheitsschädlichen Feinstaubs erspart geblieben, wenn bereits in diesem Jahr die grüne Plakette Pflicht gewesen wäre.
Handlungsbedarf sieht der Nabu vor allem beim öffentlichen Verkehr. „Auch in Bussen muss wirksame Abgastechnik zum Einsatz kommen“, sagt Referentin Julia Balz. Großes Potenzial zur Besserung sieht sie in Systemen, die gefährliche Stickstoffdioxidemissionen drastisch minimieren.
53 von 116 DVG-Bussen haben noch keinen Dieselpartikelfilter
Von den 116 Bussen der Duisburger DVG-Flotte verfügen nur elf Busse über ein solches System. Fast die Hälfte der Fahrzeuge verfügt nicht einmal über einen Dieselpartikelfilter. Von diesen 53 Bussen sollen in diesem Jahr noch zwölf Fahrzeuge ausgetauscht werden. Wenn ab Juli 2014 die Umweltzone auf „grün“ geschaltet wird, werden vorerst noch 41 Busse mit gelber Plakette unterwegs sein. Denn nach Angaben der DVG ist die nächste Busbeschaffung erst im Jahr 2015 vorgesehen.
Völlig außer Acht gelassen würde zudem die Belastung durch Baumaschinen. Diese würden „durch die hohe Zahl an Einsatzstunden am selben Ort“ bis zu einem Viertel der innerstädtischen, verkehrsbedingten Ruß-Emissionen ausmachen, reklamiert der BUND. Die Forderung an die Städte: Sie sollen bei der Auftragsvergabe Baumaschinen mit Partikelfilter einfordern.
Grundsätzlich möglich sei das zwar, erklärt die Stadt auf Nachfrage. „Nach Einschätzung der Wirtschaftsbetriebe würden sich die Arbeiten dadurch aber um 10 bis 20 Prozent verteuern“, sagte ein Stadtsprecher.
Die Umsetzung wäre ohnehin eine politische Entscheidung. Doch den Umweltschützern geht es in Duisburg nicht allein um die Feinstaub-Belastung durch den Verkehr. „In Duisburg gibt es eine Ausnahmesituation. Größter Feinstaub-Emittent ist hier die Industrie, dann die Binnenschifffahrt und erst danach der Verkehr“, sagt Kerstin Ciesla, stellvertretende Vorsitzende des BUND in NRW.
Feinstaub: 25 Überschreitungstage im Norden zur Jahreshälfte
Die Bezirksregierung sei daher gefordert, nachträgliche Anordnungen zur Emissionsminderung für die Industrie zu erlassen. „Die Luftqualität hat sich zwar etwas verbessert. Aber wir haben im Norden weiterhin massive Überschreitungen der Feinstaub-Werte.“ 35 Überschreitungstage im Jahr sind erlaubt, die Messstationen in Bruckhausen und an der Kiebitzmühlenstraße zählten bereits Ende Juli 24 und 25 Tage mit zu hohen Werten.