Duisburg. Jahrelang wurde Sondermüll im Bergwerk Walsum verklappt, insgesamt wohl mehr als 437.000 Tonnen “bergbaufremde Reststoffe“. 355.000 Tonnen davon gelten als hochgiftig. Naturschützer fürchten um das Grundwasser. Der Bergwerkskonzern dagegen hält die Lagerung für sicher.
In Duisburgs Boden liegt jede Menge Giftmüll. 437.341 Tonnen „bergbaufremde Reststoffe“ hat der Bergwerkskonzern RAG in den Schächten des Bergwerks Walsum eingelagert. Das geht aus Dokumenten des Landtags hervor. Rund 355.000 Tonnen davon sind „besonders überwachungsbedürftige Abfälle“. Sie gelten als hochgiftig. Die Umweltorganisation BUND bezeichnet Walsum deswegen als „negative Spitze“ in ganz Nordrhein-Westfalen.
In elf Steinkohlebergwerken im Bundesland liegen insgesamt rund 1,6 Millionen Tonnen bergbaufremde Abfälle, rund 580.000 davon sind besonders gefährlich.
Eine „tickende Zeitbombe“
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Verklappt wurde der Müll in Walsum zwischen den Jahren 1991 und 2004, ab 1993 auch die hochgiftigen Abfälle. Das galt damals als industriefreundliche und kostengünstige Entsorgungsmethode. Der Giftmüll wurde mit Wasser und Bindemittel vermischt, in Hohlräume in den Schächten gepresst und angeblich austrittssicher verschlossen. Neben Kraftwerksrückständen wurden auch Rückstände aus der Stahl- und Zementproduktion, aus der Hausmüll- und Klärschlammverbrennung sowie Altsande aus dem Gießereibetrieb eingesetzt.
Dass mehr als 50 Prozent des hochgiftigen Mülls im Bergwerk Walsum untergebracht wurden, führt RAG-Sprecher Christof Beike sowohl auf den späten Stilllegungstermin der Zeche, als auch auf die geologischen Bedingungen zurück. Heißt: Zwischen den Gesteinsschichten im Duisburger Boden soll der Müll besonders sicher ruhen. „Von den eingelagerten Stoffen gehen keine Risiken für die Umwelt aus. Darauf wurde damals besonderer Wert gelegt. Dies gilt genauso noch heute und auch in Zukunft“, versicherte Beike. Das werde durch regelmäßige Grubenwasseruntersuchungen bestätigt.
Der BUND sieht das freilich anders. NRW-Geschäftsleiter Dirk Jansen spricht von einer „tickenden Zeitbombe“. Seine Hauptsorge ist, dass durch geflutete Schächte Schadstoffe nach oben gespült werden könnten. Nach dem Ende des deutschen Kohlebergbaus im Jahr 2018, wird der Grundwasserspiegel nämlich nicht mehr künstlich niedrig gehalten werden. Die Befürchtung: Spätestens dann könnten etwa Schwermetalle wie Cadmium, Blei, Arsen oder Quecksilber durch das Grubenwasser ins Trinkwasser gelangen. Auch ein von Anwohnern beauftragter Gutachter hatte vor diesen Gefahren gewarnt.
Unabhängige Untersuchung
In der Politik wachsen derweil ebenfalls Zweifel an der Sicherheit. Die Landesregierung will potenzielle Gefahren durch den Sondermüll untersuchen lassen. „Wir wollen Aufklärung, auch wenn sie unangenehm und teuer wird“, sagte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). In der kommenden Woche soll es einen runden Tisch mit Gutachtern und Vertretern aus dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium geben.
BUND-Mann Jansen begrüßt, dass die Gefahren, vor denen er seit Jahrzehnten warnt, nun ernst genommen werden. Auch bei der RAG zeigt man sich über die Experten-Runde erfreut: „Dann wird die Diskussion endlich versachlicht“, sagt RAG-Sprecher Beike.