Duisburg.
Julia (Name geändert) schaut immer noch gerne auf einen Kaffee an der Börsenstraße 13 bei den „Pro Kids“ vorbei. Heute hat sie ihr Leben ganz gut im Griff. Doch vor zehn Jahren, so erinnert sich der Leiter des Streetwork- und Kontaktcafés, Matthias Beine, sah das ganz anders aus. „Sie kam jeden Tag und stand schon um zwei Uhr mittags vor der Tür.“ Julia hatte damals viel Stress zu Hause mit ihren Eltern und wusste nicht wohin. Dabei, so erinnert sich der 44-Jährige, sei es kein schlimmes Elternhaus gewesen. Aber man habe irgendwie nicht richtig miteinander geredet und sich entzweit. Einige Zeit später starb Julias Mutter, was sie noch mehr aus der Bahn warf.
Für Julia war die Eröffnung von „Pro Kids“, das nächste Woche das zehnjährige Bestehen feiert, rückblickend gesehen ein Segen. Trotz aller Probleme, die in den folgenden Jahren noch auftauchten, bot das Streetwork- und Kontaktcafé ihr einen Halt, wurde zu einer Konstanten in ihrem Leben. „Eine Zeit lang habe ich gedacht, die kriegen wir mit unserer Hilfe nicht hin!“, sagt Matthias Beine.
Wege ins Hilfesystem
Die Hilfe, die Jugendliche und junge Erwachsene bei „Pro Kids“ erfahren, besteht neben einer kostenlosen warmen Mahlzeit (montags bis donnerstags) und einem Frühstück (freitags) vor allem darin, ihnen die Wege in das Duisburger Hilfesystem aufzuzeigen: „Wir öffnen Türen, aber durchgehen muss dann jeder selber...“ heißt es in der Jubiläumsbroschüre. Seit vor dreieinhalb Jahren das „Youtel“ eröffnet hat, das ebenso wie das Streetwork-Café vom Diakonischen Werk getragen wird, ist es einfacher geworden, für obdachlose Jugendliche einen Schlafplatz zu finden. „Früher war es manchmal unmöglich, nachmittags um 17 Uhr noch jemandem zu helfen, der nicht wusste, wo er schlafen kann.“
Ohne die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wäre „Pro Kids“ ebenso wenig denkbar wie ohne die Spenden: Die Einrichtung finanziert sich seit den letzten zehn Jahren ausschließlich aus Spenden. Vor dem Hintergrund der täglich auf etwa 70 Euro berechneten Kosten ist das schon eine ziemliche Meisterleistung, an der sich zahlreiche Spender beteiligen, weil sie von der Idee und dem Konzept des niederschwelligen Angebots überzeugt sind.
Es gibt auch Rückschläge
„Es ist aber nicht so, dass wir hier nur jeden Tag problembeladene Gespräche führen“, unterstreicht Matthias Beine. „Bei uns wird auch viel gelacht. Denn es ist auch wichtig trotz allem Freude am Leben zu haben.“ Freude und Leid werden geteilt, Hilfe angeboten. Und sei es nur eine warme Dusche oder eine simple Postadresse, um überhaupt Sozialleistungen erhalten zu können.
Der 44-Jährige ist aber kein Träumer, denn er erlebt leider auch, dass Jugendliche, die auf einem guten Weg zu sein scheinen, plötzlich wieder abstürzen. So wie Jan (Name geändert), der auch schon viele Jahre ins Kontakt-Café kommt, kurzzeitig immer mal wieder Jobs auf Zeit hatte, dann wieder Hartz-IV bekam. Dann folgte ein Praktikum bei einem Dachdecker und sogar ein Ausbildungsvertrag. Doch plötzlich gab es Probleme, Ärger mit der Polizei und es folgte der Absturz. „Wir haben für ihn viele Feuer ausgetreten und viel gemacht. Doch jetzt ist der Punkt erreicht, bei dem ich mit meinem Latein am Ende bin.“
Trotzdem lässt er sich nicht entmutigen, setzt weiter auf die Einrichtung, ist weiter unterwegs und spricht mit jungen Leuten, die auf der Straße leben und die „Pro Kids“ vielleicht noch nicht kennen.