Duisburg. Nach einem Urteil des Landessozialgerichts, dass einer Zuwanderer-Familie Anspruch auf Hartz IV zugesprochen hat, reagiert die Stadt Duisburg gelassen. Man rechnet für das laufende Jahre allenfalls mit Anträgen in Einzelfällen. In Duisburg leben inzwischen 8500 Bulgaren und Rumänen.
Im Duisburger Rathaus reagiert man bisher noch gelassen auf das Eilverfahren vor dem Landessozialgericht Essen, das einem Paar mit vier Kindern aus Bulgarien den Anspruch auf Hartz-IV-Zahlungen zugesprochen hat, weil sie Deutschland zu ihrem neuen Lebensmittelpunkt erklären.
Die Tragweite des Urteils wird bundesweit unterschiedlich bewertet: Fraglich bleibt, ob es eine Einzelfallregelung ist oder der Beschluss eine grundsätzliche Bedeutung hat. Denn dann könnten Zuwanderer aus Südosteuropa sofort einen Anspruch auf Sozialleistungen anmelden. „Zur Einschätzung müssen wir das Hauptverfahren Anfang Oktober abwarten“, sagt Stadtdirektor Reinhold Spaniel.
„Ohne das Urteil mit der Begründung lassen sich die Folgen für Duisburg kaum abschätzen.“ Spaniel rechnet damit nicht vor November. „Und ab dem 1. Januar 2014 ändert sich die Rechtslage ohnehin. Durch die Freizügigkeit haben EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien dann ohnehin Anspruch auf Sozialleistungen“, sagt der Stadtdirektor und rechnet daher für das laufende Jahr allenfalls mit Einzelfällen. „In Duisburg liegt ein solches Verfahren jedenfalls derzeit nicht vor.“
„Solidarität hält sich in Grenzen“
8500 Menschen aus Bulgarien und Rumänien leben inzwischen in Duisburg, jeden Monat kommen 500 weitere hinzu, sagt Spaniel: „Und wie es ab dem 1. Januar wird, kann derzeit niemand konkret sagen.“ Die Mehrkosten habe die Stadt „konservativ geschätzt“ und mit 12 Mio Euro in den Haushalt gestellt.
Mit der Landesregierung sei man noch im Gespräch, die Zuwanderung von Armutsflüchtlingen aus Südosteuropa zumindest auf die Zuweisung der Asylbewerber anzurechnen. „Bisher gibt es aber keine positiven Signale. Und die Solidarität der anderen Städte hält sich in Grenzen.“ Der Stadtdirektor fordert einen Lastenausgleich, der nicht zuletzt vom Bund und auch von der EU finanziert müsste, die dieses Problem zu verantworten habe. Er geht zwar davon aus, dass ein Großteil der 7,5 Mio Euro Ad-Hoc-Hilfe des Landes nach Duisburg fließt, doch auch das reiche bei weitem nicht aus. „Berlin lässt uns völlig alleine“, sagt Spaniel und vermutet, dass sich daran auch nach der Wahl zumindest kurzfristig nichts ändern wird. „In Berlin wird man erst einmal mit der Regierungsbildung beschäftigt sein.“
Aus der Not bemüht man sich im Rathaus daher auf eigene Faust um Hilfe, um besser auf die Zuwanderung reagieren zu können. In Berlin traf sich Spaniel mit dem Botschafter Bulgariens und bat um Unterstützung in Form von Integrationshelfern, Dolmetschern und Polizisten. Demnächst will er auch den rumänischen Botschafter aufsuchen.