Duisburg. 25,1 Prozent aller Bürger in Duisburg sind armutsgefährdet, sagt eine Studie des Statistische Bundesamts. Damit liegt Duisburg an dritter Stelle der deutschen Großstädte, hinter Dortmund und Leipzig.

Jeder vierte Duisburger ist von Armut bedroht und die Zahl wächst. Das teilte gestern das Statistische Bundesamt mit. Die Armutsgefährdungsquote ist von 17 Prozent in 2005 auf mittlerweile 25,1 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. Damit liegt Duisburg an dritter Stelle der deutschen Großstädte, hinter Dortmund (26,4 Prozent) und Leipzig (25,9 Prozent). Zum Vergleich: Deutschlandweit liegt das Armutsrisiko bei 15,2 Prozent, NRW-weit bei 16,6 Prozent. Die Armutsgrenze für Alleinstehende in Deutschland liegt zur Zeit bei 869 Euro netto.

Dass der Duisburger an und für sich nicht gerade mit einer üppigen Lohntüte nach Hause kommt, ist seit Jahren bekannt. Belege dafür sind zum Beispiel die unterschiedlichen Kategorien bei den Kindergartenbeiträgen. Dort zahlen Eltern, die viel verdienen, entsprechend viel für die Betreuung. Von den rund 12.000 Eltern in Duisburg zahlen 4000 nichts, weil sie zu wenig verdienen, weitere 4000 zahlen den untersten Satz, die restlichen 4000 verteilen sich auf die übrigen sechs Beitragsstufen. Man sieht: Es ist nicht viel zu holen bei vielen jungen Familien in Duisburg.

Großer Niedriglohnsektor

Auch der DGB beklagt, dass 18 Prozent aller Vollzeitbeschäftigen in Duisburg im Niedriglohnsektor arbeiten. „Differenziert nach Geschlechtern fällt in Duisburg besonders negativ auf: Niedriglohn mit all seinen Folgen ist weiblich! Bei den vollzeitbeschäftigten Frauen mit Berufsausbildung sind 22 Prozent im Niedriglohnsektor beschäftigt“, sagt die DGB-Vorsitzende Angelika Wagner. Bei den Frauen ohne Berufsausbildung sind es gar 41 Prozent.

Auch am anderen Ende der Skala, bei den Älteren, sieht die Lage in der Stadt nicht rosig aus. Die Zahlen bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind im letzten Jahr um sieben Prozent von 6153 auf 6587 gestiegen. All diese Menschen benötigen für ihren Lebensunterhalt im Alter oder bei der Frührente die Unterstützung des Staates, weil sie allein nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Wie berechnet man das Armutsrisiko?

Gemäß der Definition der EU gelten Menschen als armutsgefährdet, die weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens verdienen. Im vergangenen Jahr waren das für Einpersonen- Haushalte in Deutschland 869 Euro netto im Monat.

Das Medianeinkommen – auch als mittleres Einkommen bezeichnet – ist im Unterschied zum Durchschnittseinkommen das Einkommen derjenigen Person, die genau in der Mitte stünde, wenn sich alle Personen in Deutschland mit ihren Einkommen in einer Reihe aufstellen würden. Personen zur Rechten dieser mittleren Person würden mehr als das Medianeinkommen dieser Person verdienen; Personen zur Linken würden weniger als das Medianeinkommen dieser Person verdienen. Extrem hohe und extrem niedrige Einkommen wirken bei der Berechnung nicht verzerrend.

Das Medianeinkommen hat in den letzten Jahren bei ca. 1500 Euro im Monat gelegen. Das Durchschnittseinkommen liegt etwa doppelt so hoch.

Quelle: www.armut.de

Ansteigende Arbeitslosenzahl

Weitere Indizien für die Armut in der Stadt sind die sogenannten Aufstocker. Menschen, die zwar arbeiten gehen, aber so wenig verdienen, dass sie zusätzlich Geld vom Jobcenter bekommen. Das waren im März 10.394 Menschen, davon waren 6434 Mini-Jobber. Auch die aktuellen Arbeitslosenzahlen sprechen einen deutliche Sprache. Die Quote stieg um 0,1 auf 12,9 Prozent. Das sind 31.694 Menschen, die im August arbeitslos gemeldet waren. Davon beziehen 25.197 Hartz IV.

In Duisburg braucht man aber gar nicht so viele offizielle Statistiken, um zu sehen, dass es viel Armut in der Stadt gibt. Die Caritas zum Bespiel hat seit einigen Jahren in den Bezirken Schulmaterialkammern eingerichtet, in denen sich bedürftige Kinder ihre Hefte, Tornister, Stifte holen können, weil die Eltern nicht alles bezahlen können. In den letzten drei Jahren haben die sechs von der Caritas mit betreuten Schulmaterialkammern in Duisburg insgesamt fast 9000 Schulkinder mit dem Nötigsten für einen erfolgreichen Schulstart ausgestattet - Tendenz steigend. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Zuzugs der EU-Bürger aus Südost-Europa. „Diese Menschen haben ein hohes Interesse an Bildung“, betont Klaus-Peter Bongardt, Leiter des Fachbereichs Gemeindecaritas beim Caritasverband Duisburg.

Mehr Gäste bei der Tafel

Tendenz steigend gilt zum Beispiel auch für die Duisburger Tafel, die rund 4000 Menschen pro Woche versorgt oder für den Verein Immersatt, der täglich etwa 800 Kinder in Duisburg mit einem gesunden Frühstück in der Schule versorgt und rund 70 Kindern an den Standorten in der Duisburger Altstadt und in Ruhrort ein tägliches Mittagessen und eine intensive Hausaufgabenbetreuung bietet.

Manchmal reicht auch ein Blick auf die Straße. Wer einmal bewusst durch die Stadt geht, wird vielleicht merken, dass es längst nicht nur Obdachlose und Drogensüchtige sind, die in den Abfallkörben der Städte nach Pfandflaschen suchen.