Duisburg.
Seit Jahren schon begleitet Siegfried Jung mit dem CVJM-Posaunenchor die Waldgottesdienste am „Heiligen Brunnen“ im Neudorfer Stadtwald. Er schwärmt von der Atmosphäre auf der Lichtung am Heiligen Brunnen, auf der jeweils von Mai bis September am ersten Sonntag im Monat ein Gottesdienst gefeiert wird. „Schreiben Sie doch mal was über den Heiligen Brunnen und finden Sie heraus, ob er wirklich heilig ist“, schlug der engagierte Hobby-Musiker unserer Zeitung vor. Gemeinsam mit Stadtförster Stefan Jeschke, der sich auch mit der kulturhistorischen Geschichte des Stadtwaldes auskennt, geht es also zum „Heiligen Brunnen.“
Keine Angst vor Regen
Im Grunde ist es eine Mogelpackung, wenn man behauptet, der Gottesdienst würde am
Heiligen Brunnen stattfinden, erklärt Stefan Jeschke. Das Wasser trete an einer anderen Stelle, einige Meter weiter aus. Doch die Lichtung, auf der Bänke stehen und neben einem Stein-Altar Kinder eine Hütte gebaut haben, hat ebenso eine lange Geschichte. In welchem Jahr die Gläubigen begannen, sich im Stadtwald zu treffen, ist allerdings nicht überliefert. „Wir gehen davon aus, dass dieser Ort schon immer eine Kultstätte war. In den 50er Jahren hat man hier ein Bronzebeil gefunden, das darauf hindeutet, dass hier früher vielleicht Opfer gebracht wurden“, erzählt Stefan Jeschke. „Offenbar fühlt man hier eine besondere Ehrfurcht vor der Schöpfung.“ Siegfried Jung erinnert sich: „Schon mein Vater ist hier früher nach dem Krieg zum Waldgottesdienst gekommen. Der Evangelische Arbeiterverein hat diese Gottesdienste sehr unterstützt, damit man an einem Tag in der Woche in die Natur kam.“ Immer mit dabei war der Posaunenchor, der die Lieder begleitet und sozusagen das Orgelspiel ersetzt.
Taufwasser aus dem Heiligen Brunnen
Ein paar Meter, am Hang gelegen, rieselt ein bisschen Wasser aus einem Rohr – das ist der eigentliche Brunnen. 1935 wurde er mit Bruchsteinen eingefasst. „Vor vielen Jahrzehnten haben sich die Geistlichen aus der Salvatorkirche hier ihr Taufwasser geholt“, weiß Stefan Jeschke zu berichten. Die Marienquelle wurde aber bereits 1563 als „hillgen bornsche Berg“ urkundlich erwähnt. Das Wasser ist allerdings mineralisch wertlos, ihm werden keine Heilkräfte zugeschrieben. „Die Erde besteht hier aus Kies- und Sand-Schichten, durch die der Regen versickert. Darunter liegt allerdings Ton, der schräg verläuft und so fließt das Wasser ab“, so Jeschke. Siegfried Jung schaut ein bisschen enttäuscht, als er den etwas schmucklosen „Heiligen Brunnen“ begutachtet. Damit hatte er nicht gerechnet.
Immerhin müssen sich Jung und die anderen am morgigen Sonntag keine Sorgen machen, nass zu werden. Pfarrer Stephan Blank ist ein „Glückskind“, wie er selbst sagt. „Wenn ich Gottesdienst gehalten habe, hat es selten geregnet. Nur einmal danach, als wir noch gepicknickt haben, hat es direkt danach sintflutartig gegossen.“
„Dem Himmel ein Stück näher“
Pfarrer Stephan Blank wird am Sonntag ab 10 Uhr gemeinsam mit Pfarrer Stefan Korn den Gottesdienst auf der Lichtung im Stadtwald halten.
Herr Blank, ist der Stadtwald ein besonderer Ort für einen Gottesdienst?
Stephan Blank: Ich finde schon, man fühlt sich buchstäblich dem Himmel ein bisschen näher. Besondere Themen greifen wir in diesen Gottesdiensten aber nicht auf, da halten wir uns an die vorgegebenen Predigttexte. Wie es der Zufall will, passt der Text am Sonntag aber gut zu dem Ort: Es geht um Jakob, der die Himmelsleiter sieht. Mir erzählt die Geschichte: Gott ist grundsätzlich da, wo ich seine Nähe suche und brauche. Der „Ort, an dem Gott wohnt“, ist nicht an eine bestimmte Stätte gebunden.
Kommen zu diesen Gottesdiensten andere Besucher, die sonst nicht in die Kirche gehen würden?
Blank: Es gibt eine Kerngemeinde, die gern ihren Pfarrer begleitet. Zudem kommen Gemeindemitglieder aus langjähriger CVJM-Tradition. Diesmal haben wir zwei Taufen. Und wir merken, dass der Waldgottesdienst gerne auch von Paaren für Taufen genutzt wird. Ich sage es mal so: Wenn am Sonntag weniger als 100 Personen kommen, wäre ich ein wenig enttäuscht.
Sprechen Gottesdienste mit Event-Charakter mehr an?
Blank: Also den Waldgottesdienst würde ich nicht als Event-Gottesdienst bezeichnen. Das könnte man bei anderen Gottesdiensten in der jüngeren Vergangenheit eher vermuten. Ich erinnere nur an den Kirchentag, den wir auf dem König-Heinrich-Platz begangen haben. Oder an das Tauffest im Landschaftspark vor gut einem Jahr mit etwa 80 Taufen. Wir sind uns aber auch dort bei der Planung des Risikos bewusst gewesen, dass die gottesdienstliche Veranstaltung leicht einen zu starken Event-Charakter bekommen könnte. Darum haben wir um so mehr auf deutliche liturgische Elemente und auf die Inhalte geachtet, die es zu vermittelt galt.