Duisburg. . SPD-Bundesparteichef Sigmar Gabriel machte auch seiner Wahlkampftour am Dienstag Station in Duisburg unter einem riesigen Zeltdach mitten in der Innenstadt. Statt Reden vom Pult gab es Diskussion am Stehtisch.

Das ist Preis dafür, wenn man eine Dialog-Box anbietet, sich am Stehtisch auf Fragen einlässt, also Überraschungs-Talk statt wahlkämpferische Tabula rasa oder Basta-Sätze: Dann bleiben gängige Kernsätze zum erhofften Wahlsieg halt aus. Nicht schlimm, glauben die SPD-Wahlkampfstrategien. Das Bild, der Typ muss stimmen.

Sigmar Gabriel, der gewichtige SPD-Bundesvorsitzende, passt in das Bild. Ein lockeres Bild unter dem riesigen runden Zeltdach, das die Partei am Dienstag auf dem König-Heinrich-Platz vor dem Stadttheater flugs für den späten Nachmittag aufgestellt hatte. Dazu rote Biertische, gut besetzt mit einigen 100 Menschen, die anderen Zaungäste in den Eiscafés drumherum oder auf die Wiesen sitzend. Die traditionelle Wahlkampf-Kundgebung mit polternden Sprüchen & Slogans, Fäuste schwingenden oder Zeigefinger erhebenden Parolen ist vorbei, man wahlkämpft niederschwellig und gesprächsbereit.

Fragen der Bürger

Politiker verdienen zu viel, der Bundestag ist zu groß: Solchen Fragen aus dem Volke musste sich Gabriel stellen. Er tat es umsichtig, gleich die ganze Politikerzunft und die Demokratie verteidigend. Auch mal robust („erzähl nicht so einen Quatsch“), aber geschult locker und souverän. Da blieb kaum Zeit, der CDU vorzuhalten, dass sie viel verspricht, aber nicht sagt, wie sie es bezahlen will. Und noch weniger, die Kernsätze der SPD (Bildung, Besserstellung der Kommunen, Infrastruktur und Schuldenabbau) an den Wähler zu bringen. Der Name Steinbrück, er fällt vielleicht zweimal in Gabriels gut einstündiger Visite. Weil auch keiner danach fragt.

„Politiker zum Anfassen“

Es gibt Applaus, beifälliges Nicken für Wortwitz. „Richtig Neues war ja nicht dabei. Alle wollen doch Bildung. Aber ich fand, die Veranstaltung so wie sie war gut. Das war ein Politiker zum Anfassen“, sagt ein Zuhörer anerkennend, der erstmals auf einer Wahlkampfveranstaltung ist und die „vernünftigen Umgangsformen“ lobt.

So ein Fazit ist ganz nach dem Geschmack von Duisburgs SPD-Geschäftsführer Lorenz: Der Eindruck zählt, dass da ein Politiker gut rüberkommt und dies weiter erzählt wird. Gleichwohl, selbst alte Genossen hätten’s gerne etwas kämpferischer vom Parteichef gehabt. So eine schöne Rede ... fürs eigene Wahlkämpferherz. „Wir müssen hier Gas geben, hier in unseren Hochburgen“, meint einer.

Indes, auch Stimmungslagen konnte Gabriel bedienen, offenbar vorbereitet auf die aktuelle Duisburger Befindlichkeit wegen „Rheinhausen“, wegen des sozialen Sprengstoffs dort. „Es gibt Grenzen. Nachbarschaften dürfen nicht auseinanderfliegen. Darüber muss man reden. Das hat nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun“, sagt Gabriel, der vor Wochen schon im Brennpunkt Hochfeld war.