Duisburg. „Digitale Vorlesungshäppchen revolutionieren die Bildung“ titelte die Zeit Online im Juni. Der so genannte Mooc - Massive Open Online Course, soll die Hochschullehre völlig verändern. Der Hörsaal muss hier nicht mehr besucht werden, Aufgaben werden online bearbeitet.

„Digitale Vorlesungshäppchen revolutionieren die Bildung“ titelte die Zeit Online im Juni. Der so genannte Mooc - Massive Open Online Course, soll die Hochschullehre völlig verändern. Moocs, das sind Vorlesungen, die ins Netz gestellt werden. Sie sind kostenlos, offen, und für die Masse bestimmt. Der Hörsaal muss hier nicht mehr besucht werden, Aufgaben werden online bearbeitet. Viele Universitäten, darunter die Elite Unis Stanford und Harvard aber auch deutsche Universitäten, gehen offensiv an die Öffentlichkeit, werben mit dem „Bildungszugang für alle“. Mooc erscheint neu, innovativ.

Wenn man Michael Kerres, Professor für Mediendidaktik an der Uni Duisburg-Essen (UDE), auf den Mooc-Boom anspricht, muss er lächeln. „Es ist durchschaubar, dass viele Universitäten damit ein Marketingexperiment starten.“ Wenn nur Klickzahlen die Nutzung und Effektivität belegen, wäre dies nicht aussagekräftig. Die UDE sei seit vielen Jahren im E-Learning aktiv. „1994 gab es die ersten Online-Kurse – da hat es nur keiner Mooc genannt“, so Kerres. Gleichwohl sei die Idee dahinter aber zeitgemäß und eine wichtige Ergänzung. „Viele Studenten erwarten Flexibilität, sie studieren neben ihrem Job, wollen nicht noch abends zur Uni fahren.“

Technologie ändert Umgang mit Wissen

Die Studiengänge „Bildung und Medien“ und „Bildungsmanagement- und innovation“ sind reine Online-Studiengänge an der UDE. „Die Studenten mögen das Format“, sagt Kerres. Aufgaben werden per Blog-Eintrag gestellt, eine klare Strukturierung führe zum Lernerfolg. Zweimal im Jahr gibt es ein Treffen – ein Treffen wo die Teilnehmer sich physisch gegenübersitzen. „Dort werden die Prüfungen abgelegt.“ 200 Computer stehen dafür zur Verfügung, die Handschrift wurde abgeschafft. „Nach drei Klausuren hintereinander, taten den Studenten dann vom Schreiben die Hände weh.“ Ist Mooc die Zukunft? „Ich denke, dass sie keine Uni arbeitslos machen werden.“ Eines sei auch nicht zu vergessen: „Ein Präsenzstudium ist und bleibt wichtig, junge Menschen brauchen die soziale Anbindung“.

Michael Kerres hat Psychologie studiert und an der Uni Duisburg-Essen das Learning Lab aufgebaut Das Lernen an sich interessiert ihn schon lange Zeit. Mit dem Computer zusammen lernen noch viel mehr. „Ich war die erste Generation Jugendlicher, die mit EDV in Berührung gekommen ist.“

In der Schulzeit fing das Basteln mit Computerteilen schon an. Damals gab es noch keine Anleitungen, „wir haben uns alles selbst erarbeitet“. Ob ihm die heutige „Selbstständigkeit“ der Rechner Angst mache? Algorithmen, die sich immer weiter entwickeln und nicht mehr gebremst werden können? „Nein – Angst ist immer ein schlechter Begleiter.“ Die digitalen Zeiten würden unseren Umgang mit Wissen verändern – Technologie müsse als Akteur wahrgenommen werden. Dass wir die Kontrolle behalten sei aber wichtig.

Freier Zugang für alle

Viele Dozenten stellen schon längere Zeit ihre Vorlesungen ins Netz. Mooc ist hingegen von vorneherein ein reines Online-Seminar mit einem Kursplan. Aufgaben werden über eine Pinnwand gestellt, von Studenten online eingereicht, sogar Tests können dort abgelegt werden.

Geworben wird mit den Moocs vor allem mit dem Motto: Freier Zugang für alle. Bildung soll allen zur Verfügung stehen. Wie viele tatsächlich ernsthaft über die Neugierde hinaus, den Kurs abschließen, bleibt abzuwarten