Duisburg. .

Als Ute Saalmann 1999 Verwaltungsdirektorin des Theaters und Leiterin der Kulturbetriebe wurde, konnte sie zwar schon auf einen großen Erfahrungsschatz zurück blicken. Aber die zwei Nüsse, die sie sofort zu knacken hatte, waren doch sehr hart. Gerade 14 Tag im Amt, legte ihr die Bauaufsicht 159 Beanstandungspunkte am Theatergebäude vor – mit der Auflage, diese Liste verbindlich abzuarbeiten. Sonst drohe die Schließung.

Über die andere Überraschung kann sie heute lachen: „Ich stand in der Spielzeitpause mit Putzeimer in meinem Büro – und auf einmal stand Minetti in der Tür.“ Der damalige Schauspielleiter Olaf Reifegerste hatte für die Eigenproduktion „Die Mitschuldigen“ Hans-Peter Minetti engagiert, Sohn des berühmten Bernhard Minetti und bis 1989 einer der mächtigsten Theatermänner in der DDR. Minetti fragte Saalmann, die davon keine Ahnung hatte, nach dem Vertrag fürs Engagement. Ute Saalmann: „Ich habe innerhalb von drei Tagen gelernt, wie man eine Eigenproduktion auf die Beine stellt.“ Tantiemen, Verträge, Rechte... „Von da war ich ein Ass in diesen Dingen.“ Und die 159 Beanstandungen wurden natürlich auch abgearbeitet.

Vom Jugendamt zum Theater

Mit Ute Saalmann, die im Januar 60 geworden ist und sich morgen in den passiven Teil ihrer Altersteilzeit verabschiedet, verlässt eine Frau die Stadtverwaltung, die nur schwer zu ersetzen ist. Viel Arbeit, großer Druck. Zum einen müsse man das System kennen und Wege finden, Ziele zu verwirklichen. Und: „Der Vorhang muss aufgehen. Da müssen Streitigkeiten und Eitelkeiten zurück gestellt werden. Ich habe auch schon die Bühne geputzt. Das geht gar nicht anders.“ Nach einem Nachfolger wird noch gesucht.

Nach dem Abitur am Hildegardis-Gymnasium hat Ute Saalmann Verwaltung von der Pike auf gelernt und wurde Diplom-Verwaltungsfachfrau. Schnell habe sie bei ihrer ersten Stelle im Jugendamt gemerkt, dass Verwaltungsarbeit ohne Gestaltungsspielräume nicht ihr Ding ist. Ihre Stärke entdeckte sie darin, unterschiedliche Interessenslagen zusammenzubringen. Werden unterschiedlich Sprachen gesprochen und beharre jeder auf seiner Position, sei Verständigung „äußerst schwierig“, sagt Ute Saalmann. „Man muss wissen, wie die andere Seite denkt und funktioniert – und daran arbeiten, dass jeder etwas von seiner Position aufgibt.“

Viel Vermittlungsarbeit war etwa nötig, als sie in den 80er Jahren die Jugendberufshilfe aufbaute. „Ein komplett neuer Arbeitgeber mit 500 Ausbildungsplätzen“ – da galt es Handwerk, Industrie und Stadt unter ein Dach zu bekommen.

1989 wurde sie die erste weibliche Referentin beim damaligen Bildungsdezernenten Gerd Bildau, 1999 infizierte sie sich mit dem Theatervirus. „Auch hier spricht jeder eine andere Sprache, aber jeder strebt das gemeinsame Ziel an: Das ist das Faszinierende.“ Oder die Begeisterung, mit der die Jugendlichen vom Jugendclub Spieltrieb dabei sind, die „alles tun, um hier zu sein“.

Oder wie sehr sich die Menschen hinter der Bühne mit dem Haus identifizieren. „Das ist alles so liebenswert.“ Eine schöne Aufführung, ein gelungenes Konzert – „das ist so wertvoll, vor allem wenn man weiß, was dahinter steckt.“

Sie wird nicht gänzlich verschwinden

Ute Saalmann weiß vielleicht wie keine Zweite in Duisburg, wie schwierig es ist, in einer finanziell klammen Stadt Kultur zu ermöglichen. „Man muss das System kennen und Wege finden, es da hin zu bringen, wohin man will“, umschreibt sie diese „Geheimwissenschaft“.

Nicht im Geheimen wird sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Dienst weiter fürs Theater arbeiten: In diesem Jahr kümmert sie sich noch um die DRK-Gala. Langfristig angelegt ist die Gründung des Vereins „Förderer der Duisburger Theaterkultur“ gemeinsam mit Helga Goldstrass und der Duisburger Societät. Der Gedanke entstand 2012, als das Haus seinen 100. Geburtstag feierte. Das Theater wird „künstlerisch, ideell und materiell“ unterstützt.

Am meisten aber freut sich Ute Saalmann darauf, dass künftig nicht mehr um 6 Uhr der Wecker klingelt, dass sie mehr Zeit für ihren kranken Mann und fürs Joggen in Begleitung ihres Hundes hat. Und dass sie Kultur künftig ganz entspannt als Gast erleben kann – auch mal im Ebertbad, im Filmforum oder bei den Philharmonischen Konzerten.