Duisburg. Der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern wird demnächst zum festen Walhrecht für Eltern. Bislang aber ist noch völlig unklar woher die Mittel dafür kommen sollen.

Wer soll das bezahlen? Millionenausgaben in zweistellige Höhe kommen auch auf Duisburg zu, wenn ab Sommer des Schuljahres 2014/15 der gemeinsame Unterricht von behinderten Schülern in Regelschulen systematisch ausgebaut und angeboten wird. Von weiteren zweistelligen Millionenbeträgen pro Jahr (!) als laufende Kosten für Betreuungspersonal für die behinderten Schüler in den Regelschulen ganz zu schweigen.

Für Ralph Kalveram, Leiter des Amtes für schulische Bildung, ist das Problem nur zu gut bekannt: „Deswegen haben wir über den Städtetag einmal exemplarisch ausrechnen lassen, was der gemeinsame Unterricht eine Großstadt und eine Kreisstadt kosten wird“

Die Kosten für eine Beispiel-Großstadt in Revier (Essen) sind enorm: Hier kämen 18 Millionen Euro alleine für bauliche Investitionen an den Schulen (Barrierefreiheit, zusätzliche Räume) zusammen. Würde man auf kleinere Klassenstärken von 25 Kinder gehen, würde sich dieser Betrag auf 40 Millionen Euro steigern. Hinzu kommen in diesem Szenario noch einmal jährliche 12 Millionen Euro an laufenden Kosten, für die Ganztagsbetreuung von Kindern mit Förderbedarf, für Lehr- und Lernmittel und für Psychologen.

Die Stadt kann die Kosten allein nicht tragen

Kosten, die vergleichbar hoch in Duisburg wären und die die finanzschwache Stadt niemals alleine tragen könnte. Doch die Wahlfreiheit für Eltern mit behinderten Kindern nach einem Schulplatz in einer Förderschule oder einem Platz in einer inklusiven Regelschule wird - gesetzlich geregelt - kommen.

Kalveram: „Fragt sich nur wann? Dieses neue Schulgesetz ist ja schon lange in der Pipeline, aber bislang noch immer verschoben und nicht verabschiedet, weil eben die Umsetzung und die Standards für die Schulen unklar sind.“ Wahrscheinlich aber greift es zum kommenden Schuljahr 2014/15. Kalveram: „Wir haben ja schon jetzt gemeinsamen Unterricht an Schulen in der Stadt, den wir nach aktuellen Bedarfen mit städtischen Geld unterstützen.“

Bespiel: Ein behinderter Junge wechselt jetzt von der Sekundarstufe I in die Oberstufe der gleichen Schule - dort führt aber kein Fahrstuhl hin. Also muss die Stadt jetzt einen Personenlift einbauen. Kosten: 11.000 Euro. Nutzer: Ein Schüler. Dieses derzeit noch freie Geld und dieser Handlungsspielraum werden blitzschnell ausgeschöpft sein, wenn politisch eine generelle Wahlfreiheit eingeführt wird.

Kommunaler Plan für Inklusion

Kalveram: „Ein riesiger Posten wird das zusätzlich notwendige Personal sein. Inklusion funktioniert nicht nur über Lehrer. Es braucht Betreuer, Integrationshelfer, Sozialpädagogen. Schon heute zahlen wir alleine dafür einen Millionenbetrag.“

Ein zweiter Kostenfaktor wird die Frage nach der Klassengröße sein. Kalveram: „Inklusion in Klassen mit 30 Schülern - kann ich mir schlecht vorstellen. Aber welche Klassengröße ist die richtige, welche kann der Schulträger bezahlen?“ Dann die Frage des Schülertransportes. Heute funktioniert dies mit Bussen. Demnächst mit Taxen? Weil die wenigen zentralen Schwerpunktschule durch viele neue dezentrale Angebote ersetzt werden?

Wer kann dies alles bezahlen? Auf die Schulträger rollt eine gewaltige Kostenlawine zu, von der die Städte nicht überwalzt werden wollen. Sie drohen dem Land NRW jetzt mit einer Massen-Klage. Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen. „Konnexität“, heißt dies auf Verwaltungsdeutsch. In Duisburg werde man zudem mit einem „ausgearbeitetem Inklusionsplan um die Ecke kommen,“ kündigt der Leiter des Amtes für schulische Bildung an, wenn es im Land dafür einen gesetzlichen Rahmen geben werde.