Duisburg. Wie sich inklusiver Unterricht in NRW gestalten wird, ist noch nicht klar, bisher gibt es nur einen Gesetzesentwurf. Der Caritasverband startete trotzdem ein Pilotprojekt zur Fortbildung: „Inklusion macht Schule“.

An 18 Grundschulen und 14 weiterführenden Schulen gibt es in Duisburg bereits Gemeinsamen Unterricht (GU) für 524 Kinder. Ab 2014 soll es möglichst an allen allgemeinbildenden Schulen möglich sein: Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichten und erziehen. GU heißt dann Inklusion und setzt damit Schritt für Schritt die UN-Behindertenrechtskonvention um, in NRW gibt es bislang aber nur einen Gesetzesentwurf.

„Inklusion macht Schule“

Die Caritas will gar nicht erst auf die endgültige Gesetzgebung warten. Sie startete jetzt als Pilotprojekt die Fortbildungsreihe „Inklusion macht Schule“. Für Grundschullehrer, Mitarbeiter aus der Offenen Ganztagsbetreuung und der Schulsozialarbeit. Erklärtes Ziel der Caritas: eine (Lern-)Kultur in der Ganztagsschule zu entwickeln, in der alle Kinder unabhängig von ihrem sozialen und kulturellen Hintergründen gefördert werden. Und zwar möglichst von allen, die mit dem System Schule zu tun haben.

Die Teilnehmer sind sensibel, wollen sich vorbereiten, erleben im aktuellen Alltag schon, wie herausfordernd Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder besonderem Förderbedarf sein können, haben teils Erfahrungen mit GU. Jetzt kriegen sie praktische Anregungen an die Hand. „Sich einfach mal in ein Kind hineinversetzen“, ist so ein Ratschlag, den Simone Grabowski, Erzieherin an der Fährmann-Schule, mitgenommen hat.

„Wir müssen mit dem, was da ist, kreativ umgehen"

Und für jedes Kind das System Schule nutzen mit allem Wissen - vom Hausmeister bis zum Lehrer. Ingrid Meyer vom Ogata-Team der GS Bergmannsplatz inspiriert das Beispiel Raumgestaltung: „Wie Barrierefreiheit hergestellt werden kann, wie Spiele sortiert sein sollten oder eine Sitzecke gestaltet sein kann“. Hubertus Strippel, Referent für Behindertenhilfe im Diözesan-Caritasverband, weiß um die begrenzten Möglichkeiten vor Ort: „Wir müssen mit dem, was da ist, kreativ umgehen. Etwa mit Regalen Arrangements schaffen, die als Rückzugsorte dienen.“

Schon heute sei die Schülerschaft ungeheuer bunt und heterogen. „Patentlösungen können wir nicht bieten“, ergänzt seine Kollegin Martina Lorra. Es gehe darum, Bewusstsein zu schaffen, Augen zu öffnen. „Es wird in der Debatte auch deutlich, dass es das durchschnittliche Kind nicht gibt“, so Strippel. Wenn es blöd ist, mit Kindern Fußball zu spielen, die es nicht können, muss man eben andere Bewegungsspiele wählen, die allen Spaß machen, verdeutlicht er.

Die Teilnehmer sind sich völlig einig: Arbeit mit Kindern macht Spaß. Angst machen ihnen eher die Rahmenbedingungen wie Klassengrößen, Personalschlüssel, pflegerische Aspekte. Allen Kindern gerecht werden wollen und es schlicht zeitlich nicht schaffen. Darüber reden war ein erster Schritt. Und Artikel 8 der UN-Konvention hat zumindest einen Anfang genommen: Bewusstsein schaffen.

„Wir starten nicht bei Null“ 

Duisburg fühlt sich durch den Gemeinsamen Unterricht, durch den bereits eine Inklusionsquote von 19 Prozent besteht, nicht gänzlich unvorbereitet, sagt Ralph Kalveram vom Amt für schulische Bildung.

Für Fortbildungen im Bereich Inklusion stünden jetzt jährlich 12.000 Euro zur Verfügung, „das ist nicht viel, aber wir fangen ja auch nicht bei Null an“. Inklusions-Moderatoren - vorzugsweise Sonderpädagogen von Förderschulen - sollen Regelschulen unterstützen beim Übertragen von Lernmodellen der Förderschulen. Auch Themen wie Schulsport oder Offener Ganztag sollen angegangen werden.

Förderschulen werde es in Duisburg weiterhin geben

Kostenfragen stellen sich in den Bereichen barrierefreier Ausbau, Schülerbeförderung, Lehr- und Unterrichtsmittel sowie zusätzlichen Sonderpädagogen. Zunächst warte man jedoch die präzise Gesetzgebung ab - ohnehin könne man nicht flächig alle Schulen inklusionsgerecht ausbauen. Förderschulen werde es in Duisburg voraussichtlich auch weiterhin geben, „die Eltern sollen ja eine Wahlmöglichkeit haben“, so Kalveram.

Eine Inklusions-Beauftragte ist jüngst berufen worden, eine Homepage zum Thema soll entwickelt werden. Der Schulausschuss will sich in seiner nächsten Sitzung am 24. Juni ebenfalls damit beschäftigen.