Zu teuer, zu uneffektiv, zu sorglos: Die Kritik des Landesrechnungshofes am Betrieb der Förderschulen des Landes NRW ist unüberhörbar. Ebenso deutlich haben aber jetzt Schulpolitiker und Sonder-Pädagogen aus Duisburg diese Pauschalkritik zurückgewiesen.
Die Rechnungsprüfer hatten moniert, dass vor dem Hintergrund einer schrumpfenden Gesellschaft und bei landesweit sinkenden Schülerzahlen das kostenintensive System Förderschule aber steigende Schülerzahlen aufweise. Gleichzeitig falle auf, dass es kaum Rückkehrer aus Förderschulen ins normale regel-Schulsystem gebe. Dahinter steht der unausgesprochene Vorwurf, das System Förderschule schaffe sich seine eigene Nachfrage.
Anne Wegmann, Leiterin der Dittfeldschule (Städt. Förderschule – Schwerpunkt Lernen) und zugleich Sprecherin der Schuleiter der 15 städtischen Förderschulen weist diese Sichtweise für die 15 Förderschulen in Duisburg energisch zurück: „Schon die Prämisse ist falsch. Auch die Schulform Förderschule weist sinkende Schülerzahlen auf: 2848 Kinder waren es vor zehn Jahren in 2003, heute zählen wir 2326 Schüler, es sind 522 Kinder weniger.“ Auch könne sie nicht den Vorwurf mangelnder Rückkehrer für Duisburger Verhältnisse nachvollziehen. „Unsere Erfahrung ist da anders: Alleine unsere Schule führt jährlich Kinder ins allgemeine Schulsystem zurück.“ Natürlich aber erst nach einer umfänglich Einschätzung. Man arbeite sehr verantwortungsvoll und sei den individuellen Bedürfnissen der Kinder orientiert. Es werde aber immer Kinder mit eingeschränkten Fähigkeiten geben, die niemals in ein Schulsystem integrierbar sein werden, das mit Klassengrößen von 30 Personen umgehe.
Kritik nicht nachzuvollziehen
Auch die Schulpolitiker von SPD und CDU im Rat der Stadt haben auf Nachfrage der NRZ die Kritik der Landesrechnungsprüfer in Frage gestellt. Heiko Blumenthal warnt davor, zu glauben, man könne mit Hilfe der so genannten „Inklusion“ (gemeinsame Beschulung von behinderten und nicht-behinderten Schülern) Kosten sparen bzw. alle Probleme lösen. „Wenn man Inklusion überdehnt, können darüber Schulstandorte kippen.“ Aus diesem Grund plädiert er, nicht grundlos kleine Förderschulstandorte einfach – aus Gründen der finanziellen Effizienz – aufzugeben. Blumenthal: „Wir brauchen auch weiterhin wohnortnahe Angebote von Förderschulen!“
Ähnlich sieht es auch CDU-Ratsherr Peter Ibe, der ebenfalls die Kritik an der Förderschulen „nicht nachvollziehen“ mag. Bevor man über eine Abschaffung von Förderschulen redet, solle man doch erstmal die „Inklusion auf die Reihe bekommen“. Am Ende werde man feststellen, dass man immer Förderschulen benötigen wird.
Brigitta Kleffken, zuständige Schulamtsdirektorin, verweist auf andere Schülerzahlen als jene, die die Sprecherin der Förderschulen zitiert hat. Laut Kleffken sind vier bis fünf Prozent der Bevölkerung behindert. In der Stadt zähle man derzeit 2762 Kinder mit Förderbedarf. Und diese Zahl sei in den Jahren auch nicht geringer geworden. Exakt 19% der Kinder (520 Kinder) mit Förderbedarfen werden derzeit bereits in einer Regelschule in Zuge von gemeinsamen Unterricht („Inklusion“) beschult. Aus ihrer Beobachtung sind mehr Eltern denn je bereit einem Förderbedarf ihrer Kinder zuzustimmen, wenn denn der Förderort - die Schule - nicht explizit auf diesen Umstand nach außen hinweise. Zudem verweist die Schulamtsdirektorin auf einen extrem rasanten Anstieg von Kindern, denen das Regelschulsystem sozial-emotional Verhaltensauffälligkeiten bzw. Störungen attestiert. Kleffken: „Noch nie zuvor wie jetzt in 2013 hatten wir dazu derart viele Verfahren zur Ermittlung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs.“ Förderschulen werden gebraucht - mehr denn je.