Duisburg. Ein Sondereinsatzkommando hat am Mittwochmorgen die Traditionskneipe „Reichsadler“ in Rheinhausen gestürmt. Die Polizei vermutete hier ein Waffenlager der Satudarah-Rocker. Zeitgleich wurden zwei weitere Wohnungen in Rheinhausen durchsucht. Gefunden haben die Beamten allerdings nichts.

Inzwischen kann man die Uhr danach stellen, wenn im Morgengrauen ein Knall die Stille in Rheinhausen zerreißt: Um 5 Uhr flogen in der Traditionskneipe „Reichsadler“ die schweren Holztüren aus den Angeln, ein Sondereinsatzkommando (SEK) stürmte die Gaststätte an der Atroper Straße. Offenbar bestand der Verdacht, dass sich in den Räumen des verwinkelten Altbaus ein Waffenlager der Satadurah-Rocker befindet. Gefunden haben die Beamten allerdings nichts.

Die Aktion ist Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens gegen den Duisburger Ableger der Holland-Rocker, das vor rund zwei Wochen mit einem Paukenschlag - ebenfalls um 5 Uhr in der Früh - begonnen hatte: Wie berichtet hatte die Polizei die führenden Köpfe des Satudarah-Chapters festgenommen, die nach wie vor in Untersuchungshaft auf ihren Prozess warten. Bei der Razzia im Rheinhauser Clubheim sowie in zahlreichen Privatwohnungen der Rocker stellten die Ermittler Waffen und Drogen sicher, beschlagnahmten Computer und Festplatten.

Zwei Privatwohnungen von Rockern durchsucht

Keine Angaben zu Beweismitteln

Zur Auswertung der vor zwei Wochen bei der Großrazzia sichergestellten Datenträger und Computer will die Polizei derzeit keine Angaben machen.

Der MC Satudarah in den Niederlanden hatte Angaben der dortigen Behörden nach der Razzia vor zwei Wochen zurückgewiesen: Der Präsident des Chapters in Appeldoorn sitze gar nicht seit Anfang März in Deutschland in U-Haft. Er sei auf freiem Fuß und habe die Meldungen mit Erstaunen in einer niederländischer Zeitung gelesen.

Auch Mittwochmorgen durchsuchte die Polizei neben dem Reichsadler zeitgleich zwei weitere Wohnungen in Rheinhausen. Ziel sei es gewesen, weitere Beweismittel im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wegen Drogen und Waffenhandel gegen zahlreiche Personen zu finden. Allerdings gingen die Beamten am Mittwoch auch mit leeren Händen aus den beiden Wohnungen.

Doch in wie weit steht die Kultkneipe Reichsadler, damals Treffpunkt der Stahlarbeiter, die im holzverkleideten „Beichtstuhl“ ihre Flachmänner füllten, mit den Satudarah-Rockern in Verbindung? Der Inhaber ist vor einigen Wochen verstorben, einer der ehemaligen Säle im hinteren Teil ist derzeit noch als Shisha-Bar geöffnet. Der vordere Schankraum steht bereits seit Anfang des Jahres leer. Mitten in dem Chaos steht ein Mann, Mitte fünfzig, der sein Namen nicht nennen, aber der neue Besitzer sein will.

SEK stürmt Satudarah-Heim

Foto: Polizei
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Foto: Stephan Eickershoff / WAZ Fotopool
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Besitzer will mit dem Milieu nicht zu tun haben

Mit Rockern habe er überhaupt nichts zu tun, erzählt er. Gegen sechs Uhr morgens sei er dann auch hier gewesen, die Polizei habe ihm den Durchsuchungsbefehl unter die Nase gehalten: Es habe einen anonymen Anruf gegeben, dass sich in der Kneipe ein Waffenlager der Satudarahs befindet, soll darauf gestanden habe. Seinen Sohn habe die Polizei kurz festgenommen, nach einer halben Stunde aber wieder freigelassen. Am meisten interessiert ihn aber, wer jetzt für den Schaden aufkommt. Vier Türen und ein Seitenfenster liegen in Trümmern, Eingänge sind mit Spanplatten vernagelt. Drinnen herrscht das Chaos, unklar ist, wie es hier vorher aussah, am Fliesenspiegel in der Küche klebt das Fett dick wie Butter.

Die derzeitige Szenerie in der Gaststätte mit ihren acht Fremdenzimmern und 14 Betten hat so gar nichts gemeinsam mit den hübschen Bildern auf der Internetseite einer Maklerfirma aus Essen, die den um 1900 erbauten Komplex zur Miete anbietet.

In wie weit die Kneipe in Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Rocker steht, dazu will sich die Polizei nicht im Detail in die Karten gucken lassen. „Einer der dort Verantwortlichen“ gehöre zum Kreis der Verdächtigen, gegen die Polizei und Staatsanwaltschaft wegen Drogen- und Waffenhandels ermitteln, sagte ein Sprecher.

Nach NRZ-Informationen handelt es sich offenbar um den Sohn des vermeintlichen Besitzers. Ihn soll die Polizei gestern morgen in seiner Privatwohnung kurzzeitig festgesetzt haben, nach Einschätzung der Behörden soll er zu den Mitgliedern der Satudarah-Rocker gehören.

Rocker setzen „Clubabende“ unbeirrt fort

Die Eingänge des Reichsadlers sehen jetzt ähnlich aus wie die des wenige Kilometer entfernten Satudarah-Clubheims an der Friedrich-Ebert-Straße, das bereits vor 14 Tagen vom SEK gestürmt wurde. Und obwohl die Polizei den Präsidenten „Ali Osman“ vorerst aus dem Verkehr gezogen hat, läuft der Betrieb im Clubhaus offenbar unbeirrt weiter.

Mittwochs begehen die schwarz-gelben Kuttenträger ihren „Clubabend“, was für Passanten und Anwohner in der Regel unschwer zu erkennen ist: Begleitet wird das interne Treffen meist von einem Großaufgebot der Polizei. Am Mittwochabend allerdings war bis zum Beginn des Rockertreffens auf der Friedrich-Ebert-Straße von Uniformierten nichts zu sehen. Einige Zeit lang standen Satudarah-Mitglieder vor der flügellosen Eingangstür und beäugten das Umfeld, dann verschwanden sie ins Clubheim.