Duisburg/Venlo. .
Mit einer Großrazzia ist die Polizei gestern gegen den berüchtigten Rockerclub Satudarah vorgegangen. Hunderte Beamte durchsuchten ab fünf Uhr in der Frühe die Wohnungen von etwa 30 Mitgliedern und Sympathisanten in Duisburg und Umgebung sowie das Clubhaus im Stadtteil Rheinhausen. Bei Satudarah-Chef Yildiray K. alias „Ali Osman“ fanden die Beamten eine geladene Kalaschnikow sowie eine Pistole Walther P99. Wegen Drogen- und Waffenhandels wurden er und ein früherer Vize (25) festgenommen.
Keine vier Wochen ist es her, da hat Yildiray K. noch bei Stern TV gesessen und vor einem Millionenpublikum treuherzig erklärt, ihm und seinen Rockerfreunden gehe es eigentlich nur ums Motorradfahren. Bei der Polizei liefen da schon die Vorbereitungen für die Razzia. Es galt, sich mit den Kollegen in den Niederlanden abzusprechen. Dort bekamen Satudarah-Rocker gestern ebenso Besuch: In Rotterdam, Amsterdam und Beekbergen bei Apeldoorn durchsuchten Be-amte Wohnungen. In Venlo nahmen sie einen 36-Jährigen fest und hoben eine Plantage mit 240 Marihuana-Pflanzen aus.
Weitere Rockerbereits in U-Haft
„Die Ermittlungen werden noch in die Tiefe gehen“, kündigte Polizeisprecher Stefan Hausch gestern an. Neben zahlreichen Hieb- und Stichwaffen und einem Kilo Marihuana stellten die Beamten verschiedene Computer, Datenträger und Handys sicher, die nun ausgewertet werden. Auf die Festgenommenen warten möglicherweise empfindliche Strafen: Der Besitz der Kalaschnikow ist ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, allein darauf steht mindestens ein Jahr Haft. Beim Vorwurf des Drogenhandels geht es dem Vernehmen nach um kiloweise Marihuana und 10 000 Ecstasy-Pillen. Bemerkenswert: Der festgenommene 25-Jährige war im Sommer 2012 K.s Stellvertreter, als die bis dato unbedeutende Rheinhau-sener Rockergang „Brotherhood Clowntown“ die Kutten wechselte und die erste Niederlassung der holländischen Satudarah auf deutschem Boden gründete. Den Posten musste er nach NRZ-Informationen aber aufgeben, weil er auf eigene Faust Drogengeschäfte gemacht haben soll.
Auf 30 bis 50 Mitglieder und Anhänger wird die Satudarah in Deutschland derzeit geschätzt. Neben der Niederlassung in Duisburg gibt es eine Anwärter-Filiale in Krefeld sowie angebliche Gründungsbestrebungen in Kleve und Düsseldorf. Die Rockerschar beschert der Polizei jede Menge Arbeit – dafür sorgen schon allein die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den rivalisierenden Hells Angels.
Yildiray K. und sein Vize sind nicht die einzigen Satudarah-Rocker, die derzeit in U-Haft sitzen. Ein Mitglied und ein so genannter Unterstützer waren bereits Mitte März mit einer Kalaschnikow sowie einer Maschinenpistole und jeder Menge Munition festgenommen worden. Zwei weitere Sturmgewehre waren später bei Durchsuchungen im niederländischen Tilburg sichergestellt worden. Mit der Festnahme von K. ist nun die Führungsebene des Rockerclubs erreicht. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, würde man sich bei Satudarah nicht einfach mit Fehltritten einzelner Mitglieder rausreden können.
Das würde die Chancen für ein Verbot des Rockerclubs deutlich steigern. Die Hürden liegen hoch (s. Box). Zur Frage eines Verbotes äußerte man sich im NRW-Innenministerium gestern ausdrücklich nicht. Allerdings erklärte Minister Ralf Jäger (SPD): „Die Ermittlungen der Duisburger Polizei machen deutlich, dass es diesen kriminellen Rockern nur um ihre verbrecherischen Drogen- und Waffengeschäfte geht.“
„Die Kollegen brauchen jetzt Zeit, um die Razzia auszuwerten“, betonte Adi Plickert, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Sollten sich Ansätze ergeben, würde Plickert ein Verbot sehr begrüßen: „Ein Verbot ist kein Allheilmittel, verunsichert die Szene aber gewaltig.“ Zudem erschwere es Satudarah den Aufbau einer Struktur in Deutschland: „Die sollen in den Niederlanden bleiben und gar nicht erst zu uns kommen.“