Duisburg. Das „Netzwerk psychische Gesundheit“ ist ein Zusammenschluss mehrerer Krankenkassen, die in Duisburg über ihren Kooperationspartner, die Psychiatrische HIlfsgemeinschaft, psychisch Kranken helfen. So sollen Krankenhausaufenthalte vermieden und Wartezeiten für Therapien überbrückt werden.
18 Prozent der Ausfallzeiten am Arbeitsplatz haben psychische Gründe. „Jeder fünfte Tag der Arbeitsunfähigkeit verbirgt sich dahinter“, sagt Ulrich Adler von der Techniker Krankenkasse. Die Behandlung ist jedoch zeitaufwändig, einen Psychotherapie-Platz zu bekommen, dauert Monate. Für manche Patienten zu lang, ihnen fehlt nach einer stationären Therapie die Unterstüzung im Alltag. In ihrer Not gehen sie in akuten Krisen häufig ins Krankenhaus zurück - der Drehtüreffekt. Das ist für die Krankenkassen erstens teuer, und zweitens für die Patienten nur bedingt hilfreich, weil dadurch der Kontakt zum wichtigen sozialen Umfeld unterbrochen wird, Therapiemaßnahmen im Wohnumfeld meist effektiver sind. Deshalb gibt es jetzt auch in Duisburg das „Netzwerk Psychische Gesundheit“, das die ambulante Betreuung psychisch Kranker verbessern will.
Keine Konkurrenz zu Hausärzten
In elf Bundesländern ist das System bereits etabliert, aktuell ist das Rheinland dran. Wo es läuft, sinkt die Zahl der Krankenhaus-Aufenthalte, sagt Ulrich Adler. Seit zehn Monaten läuft der Vertrag zwischen Techniker, Kaufmännischer sowie sechs Betriebs-Krankenkassen und der Psychiatrischen Hilfsgemeinschaft (PHG), um Patienten unterstützen zu können. Ab diesem Quartal ist auch die AOK dabei. Die Kassen gehen aktiv auf in Frage kommende Patienten zu, bieten ihnen - auf freiwilliger Basis - Unterstützung an. Auch die Hotline der Kassen vermittelt.
Das Angebot sei nicht als Konkurrenz zum Hausärztesystem zu verstehen, betonen die Initiatoren. Zu ihnen gehört auch die Gesellschaft psychische Gesundheit, die mit ihren Gesellschaftern ergänzende Strukturen in NRW aufbauen will, „damit keiner ins Krankenhaus muss, der nicht genauso gut oder besser ambulant versorgt wäre“, wie Nils Greve erklärt. Sind die bundesweiten Auswertungen positiv, soll das System Standard werden.
Persönlicher Ansprechpartner
Das Konzept: Die Patienten bekommen einen persönlichen Ansprechpartner. Er steht je nach Wunsch für Telefonate oder Besuche zur Verfügung, spricht auch mit den Ärzten oder der Familie. Es gibt eine 24-stündige Rufbereitschaft, zur Not auch eine Krisenwohnung. „Bislang mussten wir aber noch nicht nachts raus“, erzählt Birgit Richterich, Geschäftsführerin der PHG, die aktuell 78 Patienten betreut.
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Unter ihnen Frau C., die an Depressionen und Angstzuständen leidet. Miriam Reimann, Sozialarbeiterin und Systemische Therapeutin, ist jetzt für sie da, wenn Not am Mann ist. Zwar war der erste Kontakt mit der PHG von Panik begleitet, wie C. ehrlich erzählt. Aber schnell erkannte sie, dass ihr Frau Reimann eine echte Stütze sein kann. „Ich hab jetzt immer die Telefonnummer dabei und kann anrufen, wenn was ist.“ Das gibt ihr die nötige Sicherheit für den Alltag. Den haben die beiden auch angepackt und umgekrempelt. Die Mitt-Fünfzigerin geht jetzt regelmäßig ins Sozialpsychiatrische Zentrum, arbeitet kreativ in der Buchbinderei, hat soziale Kontakte. „Und mir fällt nicht die Decke auf den Kopf.“
Reimann leitet sie durch den Dschungel der Angebote, ist Motivator. „Unsere Gespräche sind sehr alltagsbezogen. Wir gucken, was sie braucht, um über den Tag oder durch die Woche zu kommen.“ Und das hilft C.: „Sie schubst mich in die richtige Richtung.“