Duisburg. Der Anschlag auf den Boston-Marathon schockt die Welt. Drei Tote und weit über 100 Verletzte fielen den Bombenexplosionen zum Opfer. Und ein Duisburger war mittendrin. Dr. Frank Marx, der leitende Notarzt in Duisburg, versorgte Opfer des Anschlags beim Boston-Marathon.
Der Anruf der Redaktion erreicht Dr. Frank Marx wenige Stunden vor seinem Abflug aus Boston: „Ich bin gerade auf dem Weg zum Headquarter.“ Der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes der Duisburger Feuerwehr versorgte beim Boston-Marathon kritisch erkrankte Läufer, als sich am Montag über Funk in Windeseile die Nachricht über einen Anschlag verbreitete. Frank Marx erlebte die Auswirkungen dieser Katastrophe hautnah mit.
Frank Marx war einen Kilometer entfernt
28.500 Läufer, eine halbe Million Zuschauer. Als die Sprengsätze explodierten, war der Rettungsmediziner etwa einen Kilometer entfernt eingesetzt, versorgte Menschen, für die ein Marathon einfach zu viel ist: krisenhaftes Fieber, Unterzuckerung, Herzinfarkte – auch ohne einen Anschlag haben die Notärzte alle Hände voll zu tun. Frank Marx eilte zum Explosionsort: „Ich sah abgerissene Füße, überall Blut.“ Einer jungen Frau wurden beide Beine amputiert – sie verblutete und war neben einem Kind, dass durch die Explosion getötet wurde, das zweite Todesopfer.
Die Rettungskräfte, die zum Tatort eilten (in Boston sind alle Ärzte und Sanitäter prinzipiell mit schusssicheren Westen ausgestattet), hatten eine Aufgabe: „Erst mal die Opfer in Sicherheit bringen – aber wo ist Sicherheit?“ Unter den Helfern herrschte die Sorge, dass jederzeit weitere Bomben explodieren könnten.
Bei Unglück in Duisburg im Einsatz
Eine Unzahl von Rettungskräften, auch aus den benachbarten Städten Cambridge und Brookline, waren im Einsatz; Sondereinsatzkommandos der Polizei hatten das Gebiet in Minuten abgeriegelt. Frank Marx: „Zum Abschluss lag überall in den Zelten blutiges Verbandsmaterial. Ich hatte ein Gefühl wie bei der Loveparade.“ Der Notfallmediziner war seinerzeit bei der Katastrophe in Duisburg maßgeblich an den Rettungsaktionen beteiligt.
Marx kann die Professionalität des amerikanischen Rettungssystems daher gut beurteilen: „Alle Läufer sind mit Strichcodes erfasst. Jede Ambulanz, jedes Krankenhaus hat einen Handscanner – das finde ich sehr gut.“ Der Weg eines Patienten kann damit jederzeit nachvollzogen werden, Menschen erhalten schnellstmöglichst Auskunft, in welches Krankenhaus die Angehörigen gebracht wurden. „Es gibt nach jedem Anschlag eine Chaos-Phase“, so Marx. Die Loveparade habe allerdings gezeigt, dass das deutsche System ähnlich gut funktioniere.
Erfahrungsaustausch mit amerikanischen Kollegen
„Ich glaube, dass die Menschen ab jetzt nicht mehr so unbeschwert den Boston-Marathon laufen werden. Es war immer eine fröhliche Veranstaltung, aber auch eine Herausforderung für die Mediziner.“ Frank Marx ist seit Jahren dabei, tauscht mit seinen amerikanischen Kollegen Erfahrungen aus. Der Marathon sei auch immer eine große Übung für den Zivilschutz gewesen, erklärt er. Bis aus der Übung blutiger Ernst wurde.
Dr. Marx beendet das Gespräch: „Ich fahre jetzt wieder zum Rettungsdienst.“ Es gibt noch viel zu tun, bevor er ins Flugzeug nach Deutschland steigt.