Duisburg. Als die Polizei am Dienstag Wohnungen von Satudarah-Rockern durchsuchte, fand sie nicht nur eine AK-47, sondern auch ein Kilo Marihuana – in Venlo sogar eine Hanfplantage. Die nationale niederländischen Staatsanwaltschaft verdächtigt die Holland-Rocker, ihren deutschen Ableger im großen Stil mit Drogen beliefert zu haben. Ist das Duisburger Chapter am Ende?

Die Ermittler der Polizei werden einige Zeit benötigen, um all das Material auszuwerten, das sie am Dienstag bei der Razzia im Satudarah-Vereinsheim und in mehreren Duisburger Wohnungen beschlagnahmt haben. Spezialeinsatzkräfte nahmen wie berichtet nicht nur den Duisburg- und Deutschland-Chef der Satudarah-Rocker, Yildiray K. („Ali Osman“, 40), und den Ex-Vize-Präsidenten des Clubs (25) fest. Sie stellten in den durchsuchten Wohnungen außerdem etwa ein Kilogramm Marihuana, mehrere Computer, Datenträger und Mobiltelefone sicher. Darüber hinaus nahmen sie zwei Schutz- und zwei Stichwesten mit.

Marihuanaplantage mit 240 Pflanzen, Satudarah-Präsident als Drogen-Kurier

Im Zuge eines größeren Ermittlungsverfahrens wegen Drogen- und Waffenhandels hatte die Duisburger Staatsanwaltschaft gegen K. und seinen Komplizen Haftbefehle erwirkt. Das Ermittlungsverfahren, so Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch, richte sich „gegen eine größere Anzahl von Personen". Von den Erkenntnissen der Duisburger profitierte die niederländische Polizei am Dienstag ebenfalls: Sie durchsuchte drei Wohnungen von Satudarah-Mitgliedern und weitere Gebäude in Amsterdam, Rotterdam, Venlo und Beekbergen. In Venlo nahm sie nach den Hinweisen der Polizei in Duisburg einen 36-Jährigen fest: Der soll eine Marihuanaplantage mit 240 Pflanzen betrieben haben. Die Einsatzkräfte entdeckten den Hanfanbau bei dem Großeinsatz am Dienstag.

Das SEK sprengte die Seitentüren des Satudarah-Clubheims und zerlegte die Haupteingangstür mit einer Kettensäge. Foto: Polizei
Das SEK sprengte die Seitentüren des Satudarah-Clubheims und zerlegte die Haupteingangstür mit einer Kettensäge. Foto: Polizei

Mehr noch: Die nationale niederländische Staatsanwaltschaft äußerte nach der konzertierten Aktion den Verdacht, dass die niederländischen Satudarah-Rocker ihren deutschen Ableger mit „zehntausenden Extasy-Pillen und kiloweise Marihuana“ beliefert haben sollen. So seien etwa der Satudarah-Präsident aus Apeldoorn und ein "Prospect" verhaftet worden, nachdem sie am 1. März in Deutschland mit 139 Gramm Kokain, 1000 Pillen Extasy und einem Kilo Haschisch erwischt worden waren.

Bereits am 15. März hatte sich die Zusammenarbeit mit den niederländischen Sicherheitsbehörden, die der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger am Dienstag ausdrücklich lobte, ausgezahlt: Während die Polizei in Duisburg an der A 40 zwei aus Serbien stammenden Satudarahs (23 und 27 Jahre) mit einem Schnellfeuergewehr der Waffenschmiede Kalaschnikow erwischte, fanden die niederländischen Kollegen bei einer Razzia in der Kneipe „Oase“ des Satudarah MC „Southside“ in Tilburg – ebenfalls zwei AK-47. Ein Sturmgewehr desselben Typs stellten Sondereinsatzkräfte am Dienstag in der Rheinhauser Wohnung von „Ali Osman“ sicher.

Zukunft des Satudarah-Chapters "Clown-Town" ungewiss

Sein Satudarah MC „Clown-Town“ war im Internet unter www.satudarahmcgermany.de schon am Dienstag nicht mehr erreichbar ("Not Found"). Ob der deutsche Ableger der berüchtigten Holland-Rocker überhaupt eine Zukunft hat, ist zurzeit unklar – nicht nur weil seinem Präsidenten eine längere Haftstrafe droht. Allein schon für den Besitz der AK-47, ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, könnte er mindestens ein Jahr ins Gefängnis geschickt werden. Die Duisburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit längerer Zeit schon wegen Waffen- und Drogenhandels – nicht nur gegen Yildiray K. und den festgenommenen 25-Jährigen.

SEK stürmt Satudarah-Heim

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Es ist wahrscheinlich, dass unter der „größeren Anzahl“ von Tatverdächtigen etliche sind, die Satudarah nahe stehen beziehungsweise angehören. Nach den Anwerbungsversuchen und der „PR-Kampagne“ der Gruppe geht die Polizei mittlerweile davon aus, dass Satudarah in Deutschland bis zu 50 Unterstützer und Mitglieder hat. Etwa 20 waren es, als die Rheinhauser Gang im Frühjahr 2012 das erste deutsche Satudarah-Chapter wurde.

Was das Ministerium zu einem Verbot des Satudarah MC Clown-Town sagt 

Ein Sprecher der deutschen Satudarah-Rocker war nach den Razzien am Dienstag nicht erreichbar.

Nach den Ermittlungserfolgen stellt sich neben der Frage nach dem Durchhaltevermögen der Vereinigung auch die nach einem Verbotsverfahren gegen die „Outlaw Motorcycle Gang“ (OMCG), die durch Massenschlägereien und lautstarke Kriegserklärungen an die Hells Angels deutschlandweit Schlagzeilen und bei Stern TV auf lammfromm machte.

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Ein Verbot nach dem Vereinsrecht müsste das nordrhein-westfälische Innenministerium aussprechen. Minister Jäger (SPD) gilt im Landesminister-Vergleich als einer der hartnäckigsten Bekämpfer krimineller Rockerbanden.

Wer in Düsseldorf anfragt, wird freilich nicht in die Pläne der Behörde eingeweiht, die im April 2012 den Bandidos Motorcycle Club Aachen samt Supporterclubs dicht machte und nur wenige Tage später auch die Kölner Hells Angels und deren Unterstützerclub: „Über Verbote spricht man nicht, man handelt, wenn es so weit ist“, sagt Ministeriumssprecher Wolfgang Beus.

Soll die Verbotsverfügung nicht später angreifbar sein, muss dem verwaltungsrechtlichen Verbot der Nachweis zugrunde liegen, dass der gemeinschaftliche Zweck oder bestimmte gemeinschaftliche Tätigkeiten des Motorradclubs gesetzeswidrig sind. Beus: „Dazu muss man beweisen, dass vom Vorstand bis zum letzten Glied des Clubs alle die Straftaten mittragen.“

Keine Frage: Ob ein solches Unterfangen überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte, hängt auch vom laufenden Ermittlungsverfahren der Duisburger Staatsanwaltschaft ab.