Duisburg. Jetzt ist es offiziell: Duisburg will tatsächlich die Grundsteuer drastisch anheben. Der Hebesatz soll von 590 Prozent auf 695 Prozent steigen, und das schon rückwirkend für das ganze Jahr. Das soll 2013 Mehreinnahmen von knapp 16 Millionen Euro bringen, mit denen weitere Löcher gestopft werden.
Alle Duisburger müssen sich wohl für das laufende Jahr auf höhere Abgaben einstellen. Die Stadt will rückwirkend zum 1. Januar 2013 die Grundsteuer B erhöhen und damit das größer gewordene Loch im Haushalt stopfen. Dass wieder an der Steuerschraube gedreht wird, war abzusehen, allerdings nicht in diesem Ausmaß: Der Hebesatz soll von 590 gleich auf 695 Punkte steigen. Es ist die dritte Erhöhung in drei Jahren: Bis Anfang 2010 lag der Steuersatz noch bei 500 Punkten. Damit wäre Duisburg die NRW-Großstadt mit dem höchsten Grundsteuer-Hebesatz.
Stolze 16 Millionen Euro zusätzlich soll die Steuererhöhung noch in diesem Jahr in die Stadtkasse spülen. Im Vorjahr lagen die Einnahmen bei 88,2 Millionen Euro. Die NRZ gibt die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie begründet die Stadt eine erneute Steuererhöhung?
Mehrbelastungen durch Mercatorhalle, Zuwanderung, Brandschutzmängeln und U3-Ausbau könnten „nicht durch einzelne Leistungseinschränkungen kompensiert werden“, hieß es gestern aus dem Rathaus. Die Erhöhung der Grundsteuer B sei „im Sinne einer gerechten Verteilung der Last auf alle Bürger, Mieter wie Immobilieneigentümer“.
Wird die Steuererhöhung auf jeden Fall kommen?
Die Entscheidung liegt beim Stadtrat, es kommt auf die rot-rot-grüne Ratsmehrheit an. SPD-Fraktionsmanager Oliver Hallscheidt erklärte kurz und knapp: „Wie bei jeder Verwaltungsvorlage werden wir darüber intern und mit den Kooperationspartnern beraten.“ Die Linken-Gesamtfraktion hatte sich bereits festgelegt - nach Gesprächen mit SPD und Grünen: „Die sozialen Auswirkungen sind noch vertretbar“, sagt Fraktionschef Hermann Dierkes. „Wir sagen aber ganz klar: Mit dieser Erhöhung muss es sein Bewenden haben.“
Kritik gab es gestern bereits von der CDU: „Das nenne ich einfallslos, phantasielos und vor allem unsozial“, so Fraktionschef Rainer Enzweiler. Die Stadt hätte lieber die Klinikum-Anteile für 30 Millionen Euro verkaufen sollen.
Wer zahlt die Grundsteuer B?
Die Steuer wird von allen Grundstücks-Eigentümern (außer land- und forstwirtschaftlichen Flächen) erhoben. Vermieter können sie über die Nebenkosten an Mieter weitergeben. Also zahlen quasi alle Bürger die Steuer. „Ob sie Millionär oder Hartz IV-Empfänger, fünfköpfige Familie oder Rentnerin sind“, wie Enzweiler sagt. Die Linke weist allerdings darauf hin, dass Hartz IV-Empfänger eben nicht betroffen sind, weil die Grundsteuer Teil der erstattungsfähigen Nebenkosten sei.
Ist eine rückwirkende Erhöhung überhaupt rechtlich möglich?
Zwar kann der Stadtrat erst auf der kommenden Sitzung am 18. März den entsprechenden Beschluss fassen, Zeit hätte er aber sogar bis zum 30. Juni, damit der neue Hebesatz ab dem 1. Januar greift.
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Wo steht Duisburg mit diesem Hebesatz im Vergleich?
An der Spitze liegen kleinere Städte wie Dorsten, Haltern und Selm mit sogar 825 Prozentpunkten. Bei den Großstädten überholt Duisburg damit Wuppertal (620) und lässt Essen, Oberhausen (beide 590), Mülheim (560) und Gelsenkirchen (530) weit zurück. Dabei empfiehlt das Land den Kommunen einen Steuersatz von 413 Punkten. Dieser sollte nach Auffassung des NRW-Steuerzahlerbundes „die absolute Obergrenze“ sein.
Was sagt der Bund der Steuerzahler dazu?
Es gibt deutliche Kritik. „Sparen heißt eigentlich, weniger auszugeben“, sagt Sprecherin Bärbel Hildebrand der NRZ. „Das Problem, das wir sehen: Wohnen wird immer teurer und es stellt sich angesichts auch der anderen, steigenden Nebenkosten wie Müll- und Straßenreinigungsgebühren, wie lange sich die Bürger das noch leisten können.“
Die höchste Belastung tragen „reiche“ Hausbesitzer. Ist das gerecht?
„Es stimmt ja gar nicht, dass nur Vermögende ein Eigenheim haben“, kritisiert Hildebrand. „Gerade junge Familien haben sich für den Kauf in der Regel hoch verschuldet. Auf der einen Seite fördern Kommunen den Hauskauf von jungen Familien mit Programmen, auf der anderen Seite kassieren sie die Besitzer über die Steuern wieder ab“, sagt die Sprecherin des NRW-Steuerzahlerbundes. Und selbst wenn ein Haus nach 30 Jahren abbezahlt sei, müsse dann vieles saniert werden.
Beispiele: Das bedeutet die Erhöhung
Art der Immobilie | Grundsteuer | Erhöhung pro Wohn-Einheit |
Einfamilienhaus in Alt-Homberg | 439,80€ | +66,48€ |
Einfamilienhaus in Wehofen | 601,44€ | +90,88€ |
Einfamilienhaus in Alt-Walsum | 382,52€ | +57,80€ |
Einfamilienhaus in Rahm | 879,44€ | +132,88€ |
Zweifamilienhaus in Alt-Homberg | 841,56€ | +63,58€ |
Eigentumswohnung | 420,40€ | +63,52€ |
Mehrfamilienhaus (8 Parteien) | 1.445,16€ | +27,29€ |
Mehrfamilienhaus (6 Parteien) | 1.381,80€ | +34,79€ |
Mehrfamilienhaus (7 Parteien) | 1.211,36€ | +26,14€ |
Quelle: Stadt Duisburg, Durchschnittswerte für die jeweilige Immobilie und Lage