Duisburg. . Mit einer Datenbank soll es Ärzten erleichtert werden, Kindesmissbrauch aufzudecken. Auf Bundesebene scheint das noch schwierig, jetzt will der Duisburger Verein Riskid sein Ziel zumindest auf Landesebene erreichen.
Jede Woche kommt Dr. Peter Seiffert ein kleiner Patient unter, dessen Verletzungen mal mehr, mal weniger eindeutig nach Misshandlung aussehen. Dem Chefarzt der Kinderklinik im Helios St. Johannes-Krankenhaus würde die ärztliche Diagnose deutlich leichter gemacht, wenn die Gesetzgebung verändert würde.
„Die Abgrenzung ist manchmal schwierig. Wenn ich nachgucken könnte, ob Kollegen zuvor auch schon Verdachtsmomente hatten, könnte ich schneller handeln.“ Denn um nicht aufzufallen, würden Täter vielfach die Ärzte wechseln, damit die Häufung der vermeintlichen „Stürze“ nicht weiter auffällt. Hier setzt die Idee des Vereins Riskid an. Er entstand 2005 in Duisburg, als sich Fälle von Kindesmissbrauch häuften und Polizisten und Kinderärzte beschlossen, stärker vorbeugend tätig zu werden. Was kommunal begann, ist inzwischen bundesweit aufgestellt, aber längst nicht am Ziel.
Zustand wie vor 15 Jahren
Heinz Sprenger, Kommissar und Mitgründer von Riskid, ärgert sich etwa über das Bundes-Kinderschutzgesetz, das letztes Jahr in Kraft trat. „Im Referenten-Entwurf gab es so viele wichtige Vorschläge: etwa zu Standards für Jugendämter, die Notwendigkeit von Führungszeugnissen für Menschen, die mit Kindern arbeiten, und eben Austauschmöglichkeiten für Kinder- und Jugendärzte“, zählt er auf.
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Indes: „Wir haben den gleichen Zustand wie vor 15 Jahren, die Politiker müssen endlich ihren Hintern bewegen und sich des Themas annehmen“, fordert der ehemalige Leiter der Duisburger Mordkommission. Heute ist er Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Den studierenden Polizisten will er eine Kultur des Hinsehens vermitteln: „Wenn die Polizei wegen häuslicher Gewalt zwischen Ehegatten gerufen wird, ist es ein Muss, auch auf die Kinder ein Auge zu werfen“, nennt er ein Beispiel.
Viele Ärzte sind verunsichert
Dr. Ralf Kownatzki, Hamborner Kinderarzt und ebenfalls Riskid-Gründer, will wenigstens auf Landesebene eine Änderung bewirken, um den Austausch unter den Ärzten zu erleichtern. „Wir wollen doch den potenziellen Misshandler nicht erst um Erlaubnis fragen“, sagt er. Genau das ist aktuell aber die Krücke für die Datenbank: In den teilnehmenden Praxen unterzeichnen die Eltern eine Einverständniserklärung.
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Viele Ärzte seien „wegen der unsicheren Gesetzeslage verunsichert“, weiß Kownatzki. „Wir machen aber nichts Halbseidenes, gehen ganz offensiv damit um.“ Die Datenschutzvorgaben seien komplett umgesetzt, jetzt gebe es noch Probleme mit der ärztlichen Schweigepflicht. Deshalb verwaltet derzeit jede Praxis ihre eigenen Daten und tauscht sich bei Bedarf per Telefon, Fax oder den altbekannten Arztbrief aus, der seit jeher zum Austausch unter Kollegen diente. Schnell - und vor allem zum Wohle des Kindes - ist das gerade nicht.