Duisburg.

Die Jugendämter in NRW holen immer mehr Kinder aus zerrütteten Familien. Mehr als 10.000 seien es im Jahr 2011 gewesen, ein Plus von 34 Prozent, wenn man die diese Zahl mit der Zahl der Inobhutnahmen von 2002 vergleicht. Nur in Duisburg, da ist irgendwie alles anders.

Als die NRZ anruft, hat Jugendamtsleiter Thomas Krützberg gerade eine Fallakte auf dem Tisch. Ein Kind musste aus einer Familie herausgenommen werden, sofort, ohne das ein Richter vom Familiengericht im Vorfeld konsultiert wurde. „Natürlich gibt es solche Fälle auch bei uns“, kommentiert Krützberg die Anfrage zur Situation in Duisburg. Nur gibt es sie immer weniger. 2011 griffen die Mitarbeiter des Jugendamtes in 179 Fällen ein. Weil das Kind blaue Flecken hatte, weil die Wohnung vermüllt war, weil die Fäkalien nicht in der Toilette, sondern sonst wo waren, weil der Kühlschrank leer war, weil in der Gesamtsituation klar war, dass das Kindswohl akut gefährdet ist. Verglichen mit den Landeszahlen drehte Duisburg die Zahl dieser drastischen Eingriffe in Problemfamilien um 25,7 Prozent seit 2002 zurück.

Gibt es in Duisburg mehr Vorzeige-Eltern als in anderen Städten? Diese Frage würde der Jugendamtsleiter glatt verneinen. Er nennt einen anderen Grund für diesen Negativ-Trend, der eigentlich ein ausgesprochen positiver Trend ist: „Wir haben mit vielen Projekten der unterschiedlichsten Träger in der Stadt Kontakt zu Problemfamilien.“ Kontakte, die laut Krützberg, oft greifen, „bevor das scharfe Schwert der Inobhutnahme gezogen werden muss.“

Breites Spektrum an Hilfsangeboten

Die Projekte reichen von der ambulanten Sprechstunde, über Besuch der Familienhebamme, die zwei Mal in der Woche nach dem Rechten sieht bis hin zu Fremdunterbringen. Ein unglaublich breites Spektrum an adäquater Unterstützung und Hilfsangeboten für möglichst jede einzelne Familie, fasst Krützberg das Duisburger Erfolgsrezept zusammen. Das allerdings kostet Geld: 80 Millionen Euro im Jahr gibt die - wohlgemerkt klamme Stadt - für erzieherische Hilfen aus. Das sind ein Zehntel des gesamten Jugendetats und immerhin noch 3,3 Prozent des gesamtstädtischen Etats. „Gut investiertes Geld“, nennt Krützberg das.

Wie viele Problemfamilien es in Duisburg gibt, sieht man daran, dass 4500 Eltern ambulante Hilfen in Anspruch nehmen und Duisburg mit 2200 Kindern die höchste Zahl an temporären Unterbringungen in Heimen oder bei Pflegefamilien hat. Ein Wert, der seit sechs Jahren stabil ist. Doch auch diese hohe Zahl versieht Krützberg noch mit einer positiven Botschaft. Was die Zeit angeht, die Kinder in Pflegefamilien oder Heimen angeht, ist Duisburg NRW-weit Spitze. Ein Drittel aller Jungen und Mädchen sind nach einem Jahr wieder bei ihren Familien. Da, wo sie eigentlich auch hingehören.