Babyfieber bei den Teenagern, Elternpraktikum für 16-Jährige an der Alfred-Hitz-Hauptschule. Tag und Nacht Verantwortung.

Gebrüll, Gezeter, Geheul. Wer den Projektraum des ersten Stockwerks in der Bergheimer Alfred-Hitz-Schule betritt, glaubt, sich auf der Babystation eines Krankenhauses zu befinden. Immer wieder stehen Jungen und Mädchen mit Tragetaschen auf, gehen zum Wickeltisch am Fenster und versorgen die kleinen Geschöpfe in den Taschen.

Der Unterricht in dieser Woche ist dem „Elternprojekt“ gewidmet, an dem sich zwölf Mädchen und Jungen im Alter von 16 Jahren beteiligen. Unter der Anleitung der Pädagogin Simone Kaiser-Jülicher und der städtischen Familien-Hebamme Dagmar Reinhold erhalten sie wichtige Tipps, wie ein Baby behandelt werden muss. Anstelle lebender Babys erhalten die Eltern auf Probe Puppen, die mit dem Verhalten von Babys programmiert sind. Das läuft Tag und Nacht, fünf Schultage lang.

Kaiser-Jülicher: „Die müssen sich wirklich um ihre Schützlinge kümmern und nehmen die Puppen auch mit nach Hause.“ Dort zeigt der kleine Liebling je nach Programmeinstellung im Chip, was er so drauf hat an Bedürfnissen. Feuchte Windeln, Hunger, Durst, Magenwinde. Immer muss der große Mensch an seiner Seite das Übel beseitigen. Da sind die jungen Leute wie Eilif oder auch Dennis voll gefordert. „Nachts werden wir immer wieder durch das Baby geweckt. Dann fehlt uns am anderen Tag der Schlaf.“ Das sei alles sehr ungewohnt und anstrengend. Warum macht Dennis als Junge dabei mit? „Ich will mal wissen, wie das ist als Vater.“ Die Babypuppen haben natürlich auch alle eigene Namen. „Meinen habe ich Erik getauft!“

2800 bis 3000 Gramm pro Puppe

Die Betreuung geht auch auf die Knochen: „Die Puppen haben Lebendgewicht. Sie wiegen zwischen 2800 und 3200 Gramm und sollen zwischen sechs und acht Wochen alt sein. Es ist ziemlich anstrengend, sie den ganzen Tag zu heben und zu tragen.“

Es gibt auch angenehme Geräusche in dieser Babywelt: „Wenn es gluckst, dann fühlt es sich wohl!“ haben die Jungen und Mädchen schon gelernt. Während dieses Elternprojektes, das vom Jugendamt der Stadt Duisburg organisiert und vom Deutschen Roten Kreuz begleitet wird, werden alle Abläufe des Babyverhaltens elektronisch im Chip aufgezeichnet.

Mit Ablauf des Projektes können die Betreuungsvorgänge der „Eltern“ ausgelesen werden. Kaiser-Gülischer: „Wir können feststellen, ob das Baby vernachlässigt worden ist oder die Betreuung immer sofort erfolgte.“ Wertvolle Ratschläge vermittelte die Familienhebamme. Dagmar Reinhold zeigte, wie dem Baby vorsichtig und schonend neue Windeln angelegt werden sollten. „Nicht die Beine hochziehen, weil dabei die Gefahr besteht, dass die Hüften aus der Hüftpfanne gezogen werden, sondern mit einer Hand durch die Beine greifen. In diesem Wachstumsstadium sind falsche Bewegungen schädlich. Die Hüften sollen in die Pfanne gleiten und nicht umgekehrt.“

Beim Hochheben muss das Baby mit einer Handfläche am Hinterkopf gestützt werden. Zu dauernden Gesundheitsschäden oder sogar Lebensgefahr könne es aber kommen, so die Hebamme, wenn das Baby geschüttelt werde und der Kopf hin und her schaukele. „Dann können Nerven im Neuralrohr des Rückens angerissen werden.“ Schwerste und bleibende Hirnschäden seien die Folge. Außerdem werde ein Baby durch Schütteln nicht beruhigt, sondern es schreie weiter.