Duisburg.

Thomas Schneider (Name von der Redaktion geändert) ist wütend. Weihnachten wird er alleine verbringen, dank des Jobcenters, wie er sagt. Dabei ist er eigentlich glücklich verliebt und wollte die Feiertage mit seiner neuen Freundin und deren Tochter verbringen. Doch das habe ihm das Jobcenter verhagelt. Die Mitarbeiter haben nämlich den Antrag auf Hartz-IV abgelehnt, den seine Lebensgefährtin gestellt hat. Also hat die Litauerin nun kein Geld, dass sie ihrer Tochter schicken kann, damit die über Weihnachten nach Deutschland reisen kann. Doch der Reihe nach.

Paar gibt nicht auf

Vor etwa einem Jahr kam Anastasia (Namen geändert) aus Duisburgs Partnerstadt Vilnius ins Ruhrgebiet. Sie lebt in Scheidung, wollte sich hier ein neues Leben aufbauen und später ihre zwölfjährige Tochter zu sich holen. In ihrer Heimat hatte sie Tiermedizin studiert, doch der Abschluss wurde bisher nicht anerkannt, und um einen Job zu finden, sprach sie nicht genügend Deutsch. Die ehemalige Strip-Tänzerin meldete ein Gewerbe an und arbeitete in den vergangenen Monaten als Prostituierte in Düsseldorf.

„Sie wurde mehrfach kontrolliert und das Amt kann bestätigen, dass sie den Job ausgeübt hat“, erklärt Schneider, der Anastasia über gemeinsame Bekannte kennen gelernt hat. Doch das Duisburger Jobcenter erkennt den Nachweis nicht an – und verweigert deshalb die Zahlung von Hartz IV. Das bekommen EU-Bürger nämlich nur, wenn sie mindestens für einen Tag in Deutschland einen Job nachweisen können.

Sozialgericht muss entscheiden

Doch so schnell will der 48-Jährige nicht aufgeben. „Wer mir in die Suppe spuckt, dem spuck’ ich auch in die Suppe“, sagt der ehemalige Betriebsrat von Thyssen-Krupp kämpferisch. Weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Stahlbranche arbeiten kann, macht er gerade eine Umschulung zum Immobilienkaufmann. „Wir wollen dem Amt gar nicht lange auf der Tasche liegen. Aber meine Freundin hat schon drei Mal darum gebeten, dass sie bei einem Sprachkurs unterstützt wird. Doch getan hat sich nix.“

Dann allerdings kam ein Brief, der Schneider vollends aus der Fassung brachte: Dem Paar wurde mitgeteilt, dass Anastasia keinen Anspruch auf Leistungen habe, dafür wurde der Mietzuschuss von Schneider halbiert – mit der Begründung, er lebe mit einer anderen Person in einer Bedarfsgemeinschaft. „Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Ich kann im Januar meine Miete nicht mehr zahlen. Momentan ist ein menschenwürdiges Leben nicht möglich.“ Die beiden haben Widerspruch eingelegt, nun muss das Sozialgericht entscheiden. Das kann dauern. Wenn sich bald nichts tut, sieht Anastasia nur noch eine Möglichkeit: Sie muss ihr Gewerbe wieder anmelden.

Jobcenter habe nach Gesetzeslage gehandelt

„Wir können uns zu dem Fall nicht äußern, weil die Akte derzeit beim Sozialgericht liegt“, erklärt Katrin Hugenberg, Sprecherin des Jobcenters Duisburg. Allerdings habe man sich nur ans Gesetz gehalten, indem man den Mietkostenzuschuss halbiert habe – schließlich würden nun zwei Personen in einem Haushalt wohnen. „Einmal hatten wir eine Kontrolle und daraufhin hat ein Sachbearbeiter einen positiven Bescheid ausgestellt“, berichtet Schneider. Für einen Monat habe seine Freundin Geld erhalten. „Das war ein Versehen, deshalb haben wir das wieder geändert“, widerspricht Hugenberg.

In einem Eilverfahren soll das Sozialgericht nun klären, ob der Litauerin Geld zusteht. Das bedeutet aber nicht, dass eine grundsätzliche Entscheidung fällt – es soll nur vermieden werden, dass das Paar lange ohne Geld bleibt. „Leider dürfen wir uns zu Einzelheiten nicht äußern“, bedauert ein Sprecher des Gerichts. Auch die Rechtsanwaltskanzlei Müllerhöltgen/Pogadetz/Heinemann, die Schneider vertritt, möchte nichts zu ihrer Strategie sagen. Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass sie den Duisburger vertreten. „Das Jobcenter hat schon zwei Mal gegen mich verloren. Vielleicht hat es ja auch damit zu tun, dass die so reagieren.“

Weihnachten haben sich die beiden anders vorgestellt. Es wird ein trauriges Fest, momentan reicht das Geld für Toastbrot und Suppe.