Duisburg. . Nach zehnjähriger Pause tritt Bodybuilderin Christine Brings aus Meiderich zu ihrer letzten Wettkampfsaison an.

Christine Brings holt das Backblech mit den duftenden Weihnachtsplätzchen aus ihrem Ofen, doch essen darf sie die Leckereien nicht. Die 46-jährige ist Bodybuilderin und hält neben ihrem eisenhartem Training gerade strenge Diät, weil sie sich auf einen Wettkampf vorbereitet. Ihr Ziel ist die Deutsche Meisterschaft, außerdem möchte sie sich für die Senioren-WM qualifizieren. Beide Turniere werden am Samstag in Bochum ausgetragen.

Rund 70 Pokale haben Brings und ihr Ehemann Dieter, ebenfalls Kraftsportler und derzeit ihr Trainer, seit den 90er Jahren gewonnen. Längst stehen nicht mehr alle in der Wohnung in Meiderich, dort dienen einige inzwischen aber als Blumentöpfe.

Comeback nach 10 Jahren

Die neuen Titelambitionen kommen für die Szene allerdings überraschend, da sich Christine Brings bereits 2002 aus dem aktiven Wettkampfgeschehen zurückgezogen hatte, nachdem sie damals Weltmeisterin wurde. Seither kennt man sie vor allem als Jurorin und Frauenwartin des Deutschen Bodybuilding- und Fitnessverbands.

Dass sie sich nach ihrer zehnjährigen Pause wieder bei Meisterschaften mit anderen Kraftsportlern misst, hat einen einfachen Grund: „Ich wollte wissen, ob ich die Vorbereitungen noch einmal durchhalte.“ Das hat sie, hat monatelang Diät gehalten und dadurch ihren Körper für die Bühne entwässert, damit man im Scheinwerferlicht unter dem Bräunungsspray jede Kontur ihrer prallen Muskeln erkennt.

Fast jeden Tag gibt’s Hähnchenbrust

Erschlafft sind sie seit ihrem Rücktritt allerdings nie. „Die letzten zehn Jahre habe ich nicht einen Tag faul auf der Couch gelegen, habe immer hart trainiert – alles andere wäre unbefriedigend.“ Vier Tage pro Woche stemmt sie im Fitnessstudio Gewichte, außerdem kommt sechs Mal die Woche Hähnchenbrust mit Salat auf den Tisch – jede Woche, seit vielen Jahren schon.

Für die Meidericherin, die seit über 22 Jahren Kraftsport betreibt, hat sich ihre Disziplin schon ausgezahlt. Im November gelang ihr das Comeback: Auf Anhieb wurde sie sowohl NRW-Meisterin als auch Deutsche Seniorenmeisterin. „Es sind weniger Konkurrentinnen angetreten, als ich gehofft hatte. Aber ich habe mich in Bestform präsentiert, mehr hätte ich auch bei einem großen Feld nicht tun können.“

Profis am Existenzminimum 

Gegen jeweils nur eine weitere Athletin setzte sich Brings durch, um ihre aktuellen Titel zu gewinnen. „Früher hatten wir viel mehr Teilnehmerinnen, dafür ist die Konkurrenz heute aber härter. Es treten nur noch Frauen an, die unbedingt gewinnen wollen.“

Flächendeckende Dopingtests seien nicht finanzierbar

Große, pralle Muskeln fallen auf und ziehen Blicke auf sich. Schnell wird die Annahme geäußert, die teils kolossalen und extremen Körper seien vornehmlich das Produkt von Dopingmitteln. „Im Kraftsport wird sicherlich gedopt“, sagt Christine Brings, die amtierende NRW-Meisterin und Deutsche Seniorenmeisterin im Bodybuilding. „Doch alles an Anabolika hilft nichts, wenn du deinen Hintern nicht von der Couch kriegst.“ Der Schlüssel zum Erfolg, also zu einem gestählten Körper sei stets hartes Training und eine darauf abgestimmte Ernährung.

Erwünscht oder geduldet sei Anabolika aber durchaus nicht, doch „viele Athleten sind den Kontrollen immer einen Schritt voraus“. Als Randsportart, deren Verbände nicht viel Geld hätten, seien bei offiziellen Turnieren flächendeckende Dopingtests schlichtweg nicht finanzierbar. „Bei allen internationalen Wettkämpfen werden aber Dopingkontrollen durchgeführt.“ Diese orientieren sich an den Standards des Olympischen Komitees und der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA). Außerdem arbeite der Deutsche Bodybuilding- und Fitnessverband (DBFV) gerade daran, die Kontrollen zu verschärfen, um den Sport so sauber wie möglich zu halten.

Zur Zeit sehen die Regularien zwar noch keine Null-Toleranz vor, ein Bodybuilder, der mit Anzeichen für Anabolikamissbrauch (zum Beispiel ein Speckbusen) auf einer Wettkampfbühne steht, erhält aber Punktabzug. Damit ist das Rennen um den Sieg für ihn beendet.

Einen neuen Boom im Frauenbodybuilding, nimmt sie an, werde es nicht mehr geben, die Rahmenbedingungen stimmten dafür nicht. Selbst Ausnahme-Athletinnen mit Profi-Vertrag müssten finanziell am „Existenzminimum herumkrebsen“. Deutlich lukrativer sei der Sport hingegen für Männer. Ebenso für Mädels der Fitness- und Bikiniklasse, die zwar weitaus weniger muskulös sind, jedoch für Werbepartner interessanter.

"Leistung statt Schönheit"

Zudem sähen sich Kraftsportler und insbesondere Frauen mit etlichen Vorurteilen konfrontiert. „Jede zweite Frau im Schwimmbad fühlt sich genötigt, einen blöden Kommentar abzulassen – besonders dann, wenn ihr Mann mir gerade hinterherguckt.“ Viele Menschen finden einen muskulösen Frauenkörper weder schön noch feminin genug, für den Sport sei das jedoch unerheblich. „Bodybuilding ist nicht auf Schönheit ausgelegt, sondern auf Leistung.“

Dennoch müssten sich die Athleten ständig dafür verteidigen, wie sie ihren Körper geformt haben. Dabei wolle keine Bodybuilderin im Alltag so aussehen wie auf einer Meisterschaft – schon gar nicht im Gesicht, wo die Wettkampfdiät für tiefe Falten sorgt.

Talkshow-Einladungen abgelehnt

Natürlich gebe es Situationen, in denen sich der Körper eines Bodybuilders nicht verbergen ließe, etwa am Pool, „aber niemand muss uns anstarren. Man kann ja auch wegschauen.“ Es wird aber hingeschaut, auch im Fernsehen. „Ich habe schon Einladungen zu allen Talkshows und Talentshows bekommen.“ Angenommen hat sie keine einzige. Sie wisse nicht, was sie dort solle. Denn wer den Sport albern fände, würde seine Meinung auch nach der Sendung nicht ändern.

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Als Ehefrau und Mutter eines erwachsenen Sohnes führe sie ein normales Familienleben, auch an ihrem Beruf, Stationshilfe, sei nichts Ungewöhnliches. „Ich bin wie andere Frauen auch, ich schminke mich, mache mir die Nägel und trage Stöckelschuhe – das lege ich nicht ab, nur weil ich Hanteln in die Hand nehme.“

Ihre letzte Saison

Die schweren Gewichte stemmt sie schon ihr halbes Leben lang und stählt so ihren Körper: „Ich mag mich schlank, bin dabei aber muskulös. Ich möchte nun mal einen richtig dicken Arm haben, einen richtig großen Bizeps.“

Doch nicht nur ihre Oberarme sollen Christine Brings zu weiteren Titel verhelfen. Unabhängig davon, ob es klappt, ist es für sie aber die letzte Saison. „Ich möchte keine Diät mehr machen und mich dabei ständig selbst kasteien.“