Duisburg.

Lange haben sie auf diesen Tag hingearbeitet. Monatelange strikte Diät und hartes Training. Jetzt ist der große Moment gekommen, die Kraftsportler betreten die Bühne, ihre Haut ist dunkel durch Bräunungsspray, ihre eingeölten Körper glänzen und sind nur von kurzen Höschen bedeckt. Jeder Muskel ist im Scheinwerferlicht zu sehen. Die alljährlichen Bodybuildingmeisterschaften in der Rheinhausen-Halle beginnen.

Die Zuschauer grölen und feuern ihre Favoriten an, wenn sie mit Doppelbizeps posieren, Bauchmuskeln anspannen oder die ganze Breite ihres Rückens präsentieren. Schnell wird klar, im Publikum ist die eigene Szene versammelt. „Mach dich breit!“, „Beine!“ kommen Tipps lautstark aus dem Saal. Vor allem die Ruhrpott-Athleten haben ihre Familien und Freunde dabei, das belegt lauter Jubel bei Teilnehmern aus Duisburg, Moers, Bochum, Oberhausen oder Dortmund.

Mehr als einstudierte Posen

Dass Bodybuilding mehr ist, als einstudierte Posen in absoluter Körperspannung, zeigt sich bei der Kür, in der es auch schon mal akrobatisch wird. Die Damen, ob in den Kategorien Bikini, Fitness/Figur oder Bodybuilding kokettieren mit ihren Fans und erhalten prompt begeisterte Reaktionen.

Ein Teilnehmer ist Marcus Ringe. „Natürlich tritt man an, um zu gewinnen“, sagt der Hamburger, der später mit einer Bronzemedaille nach Hause gehen wird. „Für diesen einen Tag habe ich vier bis fünf Monate Diät gemacht.“ Jeder Kraftsportler möchte das Bestmögliche aus sich herauszuholen. Nicht jedoch auf den größtmöglichen Bizeps kommt es an, sondern auf Symmetrie, heißt es. Allerdings reißen vor allem die massiven Schwergewichte, allesamt Amateure, die Zuschauer mit. Der Unterschied zu Profisportlern wurde am Weltklasse-Bodybuilder Matthias Botthof deutlich, der bei der Siegerehrung mitwirkte. Neben diesem Koloss wirkten selbst preisgekrönte Amateure schmächtig - und bereits ihnen würde im Einkaufszentrum so mancher nachschauen.

Leistungssport mit Stigma

Dass es wenige deutsche Profis gibt, liegt auch daran, dass Bodybuilding in Deutschland stigmatisiert ist. Man glaubt oft nicht, dass die riesigen Muskelberge nur auf Training und Ernährung zurückzuführen sind. Dieses Vorurteil wird jedoch nicht allzu offen angegangen. Doping gebe es in jedem Leistungssport und auch im Kraftsport gebe Kontrollen dagegen. Darüber hinaus kämpfen die Frauen mit ganz anderen Vorurteilen, sie seien aufgrund ihrer Muskeln nicht mehr weiblich, schon halbe Männer. Auch Bodybuilderin Kirsten Tenberg wird im Alltag angestarrt, wenn sie ein kurzärmliges T-Shirt trägt. Daran stört sie sich inzwischen jedoch nicht mehr. „Viele Frauen hätten gerne einen muskulösen Körper“, verrät die Athletin aus Hamminkeln. „Sie bringen nur die nötige Disziplin nicht auf.“ Wenn sie abends um 18 Uhr von der Arbeit in einem Verlag zurückkommt, dann beginnt ihr hartes Training.

Die fehlende Akzeptanz für ihren Sport ist für sie unerklärlich. Die gesamte Szene sei sehr offen, selbst die Weltklasse-Bodybuilder seien immer ansprechbar und hilfsbereit. „Wir sind wie ein große Familie, denn wir machen alle das Gleiche durch, haben alle den gleichen Leidensweg.“

Da liegt wohl auch die Krux, denn nur Wenige können nachvollziehen, welche Entbehrungen notwendig sind, um den Körper eines Bodybuilders zu erhalten, und für noch weniger Menschen gilt das Schönheitsideal des Kraftsports als erstrebenswert. Zudem werden nicht viele Anstrengungen unternommen, Wettkämpfe außerhalb des eigenen Kreises zu bewerben. Vielleicht ändert sich das aber bis zum nächsten Jahr, wenn die Bodybuilder wieder in die Rheinhausen-Halle kommen.