Duisburg. . Bei der Schießerei nach dem Überfall auf das Internetcafé Neptun eskalierte anscheinend ein Streit rivalisierender türkischer Gruppen. Eine Mordkommission ermittelt. Nach der Befragung der Opfer und mehrerer Zeugen hat die Polizei jedoch keine Hinweise auf das Motiv oder die fünf Flüchtigen.
Einen Tag nach der Schießerei auf offener Straße in Duisburg-Hochfeld lässt der Ermittlungsstand Raum für Spekulationen in alle Richtungen: Die Polizei hat zwar eine acht Ermittler starke Mordkommission eingerichtet, hat Opfer und mehrere Zeugen des Überfalls auf das Internetcafé „Neptun“ an der Wanheimer Straße befragt; die Aussagen sind allerdings nicht zielführend beziehungsweise widersprüchlich. Nach Angaben eines Polizeisprechers am Dienstagmorgen war zwar ein Konflikt zwischen rivalisierenden türkischen Gruppen der mögliche Auslöser. Noch aber scheinen alle Motive vom Familienstreit bis zur Schutzgelderpressung denkbar.
Noch nicht einmal den genauen Tatablauf konnten die Ermittler trotz der Befragungen exakt rekonstruieren, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstagnachmittag bestätigten. Fest steht lediglich, dass am Montag gegen 19 Uhr fünf Männer die Geschäftsräume der türkischen Familie an der Wanheimer Straße betraten, in denen neben Computern auch Spielekonsolen und -automaten standen.
Die Täter hatten Kapuzen übergezogen und waren mit Baseballschlägern bewaffnet. Sie bedrohten die Männer im Café: drei Brüder, 19, 20 und 23 Jahre alt. Diese bestätigten, vor Ort gewesen zu sein. Unklar ist dagegen, ob auch ihr 46-jähriger Vater, der Inhaber des Geschäfts, den Angreifern gegenüber stand.
Zwei Patronenhülsen bei Spurensicherung gefunden
Das Überfallkommando krümmte den Anwesenden anscheinend kein Haar, zerstörte stattdessen PC, Konsolen und das Inventar des „Neptun“. Danach rannten die Männer über die Wanheimer Straße gen Süden Richtung Marien-Hospital davon. Während ihrer Flucht fielen dann die beiden Schüsse. „Wir wissen nicht, wer mit welchem Ziel geschossen hat“, sagt Polizeisprecher Stefan Hausch. Wurden die fünf Unbekannten also verfolgt? Oder feuerten sie selbst?
Bei der Spurensicherung entdeckten Beamte zwei Patronenhülsen. Ein geparktes Auto wurde durch einen Schuss beschädigt. Die Munition wird zurzeit von Kriminaltechnikern untersucht. Zeugen des Überfalls und der Schüsse sollte es an der belebten Straße genug gegeben haben. Als die Polizei mit großem Aufgebot eintraf und den Tatort abriegelte, wurde sie von zahlreichen Schaulustigen und Anwohnern beobachtet.
Keine Hinweise auf organisierte Kriminalität
Auf sie hoffen die Kommissare: Sie suchen Zeugen, die Angaben zur Tat, den Verdächtigen oder zur Waffe machen können (Telefon: 0203/2800). Am Dienstagnachmittag bestätigte Polizeisprecher Stefan Hausch Hinweise darauf, dass am Montagabend ein Konflikt unter türkischen Landsleuten eskaliert ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Täter einer Bande, einer kriminellen Organisation angehören, lägen den Ermittlern jedoch nicht vor. Die Polizei Duisburg richtete eine Mordkommission ein, weil noch unklar sei, so Hausch, „ob mit den Schüssen jemand verletzt oder getötet werden sollte“.
Der Fall erinnert an die Schießerei auf der Annastraße in Duisburg-Rheinhausen am 20. März 2011. Beim Schusswechsel damals waren die Scheiben eines Internetcafés zu Bruch gegangen, Anwohner berichteten von rivalisierenden türkischen Banden. Die Polizei musste Verdächtige wieder gehen lassen, ein Spezialeinsatzkommando durchsuchte wenige Tage später mehrere Wohnungen und Geschäftsräume in Rheinhausen – bis heute: ohne Ergebnis.