Duisburg. Am 9. November wird nun endlich in Nähe des Hauptbahnhofs das Mahnmal aufgestellt, das an die 130 jüdischen Kinder erinnern soll, die mit der Reichsbahn in die Todeslager der Nazis deportiert wurden.

Das seit 2008 geplante Mahnmal, das an die 130 jüdischen Kinder aus Duisburg erinnern soll, die zwischen 1938 und 1945 vom Hauptbahnhof aus in die Todeslager der Nazis deportiert wurden, war zwischenzeitlich reichlich in Vergessenheit geraten (wir berichteten). Jetzt, tatsächlich, ist die tonnenschwere Stele aus drei Meter hohen Stahlplatten von Lehrlingen der Thyssen-Krupp-Ausbildungswerkstatt fertiggestellt und bald bereit für die feierliche Präsentation am 9. November um 11 Uhr.

Und obwohl der einzig plausible Standort, der Bahnhofsvorplatz, für dieses in mehrfacher Hinsicht verspätete Stück Erinnerungskultur wegen bizarrer Defizite in der Innestadtplanung nun noch nicht zur Verfügung stehen kann, muss die tonnenschwere Stahlsäule ja trotzdem erst einmal irgendwo provisorisch hingestellt werden.

Für eine Übergangszeit, so erklärte auf Anfrage der NRZ, Jugendamtsleiter Thomas Krützberg, werde das Denkmal in Absprache mit dem Künstler Gerd Losemann in Sichtweite zum Hauptbahnhof auf dem Harry-Epstein-Platz, zwischen Autobahn und Targobank platziert werden. „Mal schauen, wie lange solch ein Provisorium dauert“, erklärte Künstler Losemann gegenüber der Redaktion, „aber ich bin damit einverstanden, denn die Alternativen auf der Ostseite des Hauptbahnhofs waren indiskutabel. Zu eng, oder zu isoliert, auf jeden Fall unwürdig.“

Ein würdiges Zeichen

Zum Hintergrund der Mahnmalidee: Um zu verhindern, was jetzt beinah exakt so eingetreten ist, um die Geschichte der seit 1938 deportierten jüdischen Kinder aus Duisburg nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, sollte mit einem würdigen Zeichen an die Schicksale erinnert werden. Das war eine Idee aus dem Jahr 2008, die der Jugendring auf den Weg gebracht hatte, und die mit einem Auftrag an den Duisburger Künstler Gerd Losemann endete.

Vier lähmende Jahre später und unter Einsatz von sehr viel Bürger- und Unternehmensinitiative und praktisch ohne städtische Hilfe kommt diese von der Stadt angeschobenen Idee jetzt wenigstens mit einem provisorischen Standort zu einem improvisierten Ende. „Ich bin der Thyssen-Krupp-Steel-Ausbildungswerkstatt dankbar, dass sie die Umsetzung meiner Idee durch die Herstellung der Stele, den Transport, den Aufbau und die ganze Kostenübernahme so toll unterstützt.“ sagt Künstler Losemann.

Blick ins Innere der Säule

So sieht das Mahnmal aus: Drei Meter hoch, 70 Zentimeter breit, vier aneinander geschweißte Stahlplatten, auf ihnen in Großbuchstaben ausgeschnitten ein Schriftzug, der den Blick ins Innere der Säule möglich macht: Drinnen erspäht man 64 Edelstahlplatten, aufgehängt wie ein Mobile, auf ihnen die Namen jener deportierten Kinder.

Am 9. November 1938 gab es auch in Duisburg Gewaltexzesse, Mord, Totschlag und Brandstiftung in der jüdisch-gläubigen deutschen Bevölkerung; Exzesse, die direkt zum Holocaust führten. Nicht zuletzt daran wollen die Redner am kommenden 9. November auf jenem Platz erinnern, der den Namen von Harry Epstein trägt. Harry Epstein war der berühmteste Spross der Duisburger Kaufhausbesitzer-Familie, ein bekannter Rechtsanwalt und Zionist, der sich 1934 vor braunem Hass und Gewalt in Palästina in Sicherheit bringen musste. Ein Mahnmal für deportierte jüdische Kinder, aufgestellt am Harry-Epstein-Platz? Es scheint, im Zufall des Provisoriums könnte doch eine gute Botschaft stecken.