Duisburg. .

Das Jahr 5773 begrüßen derzeit Juden in aller Welt. Am Mittwoch wurde auch im Duisburger Gemeindezentrum gefeiert. Auch im neuen Jahr wird sich die Gemeinschaft alten Herausforderungen stellen müssen, wie Stephan Kramer, der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, in seiner Ansprache erklärte. Es seien Herausforderungen, „die uns alle in dieser Gesellschaft, in dieser Demokratie betreffen“.

Gemeinsam handeln

Wer ihn als Redner einlade, der wisse, dass Kramer häufig provoziere. „Ich zeichne manchmal Bilder, die dazu auffordern, mit mir in Diskussionen einzusteigen“, sagte Kramer im Gemeindezentrum. Die Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten, von der Aufarbeitung der NSU-Morde über die Beschneidungsdebatte bis zu den Ausschreitungen in islamischen Ländern, führten allerdings auch in Deutschland dazu, dass Kramer mit seinen Positionen nicht mehr in die Rolle des Provokateurs gedrängt wird.

Seit Jahren, so der Generalsekretär, haben Stimmen aus der jüdischen Gemeinschaft vor einer wachsenden Radikalisierung gewarnt und darauf hingewiesen, dass die NPD nur die Spitze des Eisbergs sei. Man sei verspottet worden, wenn man den Finger in die Wunde gelegt habe. Inzwischen sei die Gefahr, die zum Beispiel von den Freien Kameradschaften ausgehe, erkannt worden. Noch Monate würden allerdings vergehen, bis die Aufarbeitung der Ermittlungspannen rund um die NSU-Morde abgeschlossen sei.

„Was passiert in unserer Gesellschaft, die zunehmend radikaler, die zunehmend gewalttätiger wird?“, fragte Kramer. Die Juden in Deutschland seien nicht die einzige Gruppe, die davon betroffen sei. „Kein Kind wird als Rassist, als Antisemit, als Fremdenfeind geboren, sondern eine Gesellschaft macht es erst dazu.“ Und in dieser müsse man sich nun gemeinsam um eine Lösung bemühen.

Bereit zu einer Diskussion

„Kalt erwischt“ worden sei die jüdische Gemeinschaft von der Beschneidungsdebatte, die von den Gegnern mit kultureller Überheblichkeit geführt werde, wie Kramer erklärte. „Wir sind bereit zu einer Diskussion“, betonte er. Man könne darüber nachdenken, ob an der einen oder anderen Stelle Möglichkeiten bestünden, den Ritus anzupassen. Allerdings sei nicht verhandelbar, dass die Beschneidung am achten Tag und durch einen Mohel, einen ausgebildeten jüdischen Beschneider, durchgeführt wird. Schließlich handele es sich dabei nicht um einen medizinischen Eingriff, sondern um ein existenzielles Ritual.

Als „schändliches Machwerk“ bezeichnete Kramer den Film, der in der islamischen Welt als Anlass zu Ausschreitungen genommen wurde. Christentum und Judentum seien in den letzten Jahren und Jahrzehnten allerdings so oft verunglimpft worden, „da müsste die ganze Welt schon in Flammen stehen, wenn wir alles angezündet hätten, was es anzuzünden gegeben hätte“. Mit Ignoranz und Nichtbeachtung solle man den Film strafen, anstatt ihn zu verbieten. Aus Angst vor Reaktionen dürften die eigenen Freiheitsrechte nicht voreilig eingeschränkt werden.