Duisburg. . Das Urteil des Kölner Landgerichts hat Betroffene in Duisburg geärgert. Michael Rubinstein von der Jüdischen Gemeinde und Dr. Ahmed Meslmani, Urologe und Muslim, erklären, warum für sie eine Beschneidung wichtig ist.

Das Kölner Landgerichts-Urteil hat eine Beschneidung aus religiösen Gründen als Straftat bewertet. In Duisburg hat das Urteil in jüdischen und muslimischen Kreisen für Unverständnis gesorgt.

Michael Rubinstein, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde, rügt, dass mit dem Urteil massiv eingegriffen werde in die grundgesetzlich garantierte Trennung von Kirche und Staat. „Ein unbeschnittener jüdischer Mann hat keine Rechte, es ist also elementar wichtig“, betont Rubinstein.

Am Sonntag sei sein Neffe beschnitten worden - wie Rubinstein selbst im Alter von acht Tagen. Ausgeübt wird das Ritual von einem „Mohel“, einem ausgebildeten Beschneider, der in der Regel auch ein Arzt ist. „Ich kann mich an nichts erinnern, ich hab also auch nicht gelitten“, sagt Rubinstein. Es handele sich bei der Beschneidung auch nicht um eine Verstümmelung wie bei der Beschneidung von Frauen.

Weniger Gebärmutterhalskrebs und HIV

In Amerika hätten Studien festgestellt, dass durch die Beschneidung weniger Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkranken und Männer sich seltener mit HIV infizieren. Unabhängig davon würden Juden zur Not auch ins Ausland fahren, um sich beschneiden zu lassen. Das Urteil hätte auf die körperliche Unversehrtheit der Kinder keinen Einfluss.

Häufigster chirurgischer Eingriff

Die teilweise oder vollständige Entfernung der Vorhaut gilt weltweit als häufigster chirurgischer Eingriff.

Nach unterschiedlichen Studien sind ein Viertel bis ein Drittel der männlichen Bevölkerung beschnitten.

Im Judentum ist der Brauch nach Abraham ein Bund mit Gott, im Islam ist es wichtig für die rituelle Reinheit beim Gebet.

Dr. Ahmed Meslmani, Urologe aus Duisburg, ist schockiert über das Urteil. „Die Religionsfreiheit ist schwer angegriffen. Dabei hat der Bundespräsident noch gesagt, dass Muslime zu Deutschland gehören. Und man fühlt sich einfach besser, wenn man seine Religion frei leben kann“, erklärt der Arzt. „Das wäre ein Rückschritt im Integrationsprozess.“

Aus medizinischer Sicht sinnvoll

Meslmani ist gebürtiger Syrer, in seinem Heimatland seien selbst aus der christlichen Minderheit fast alle beschnitten. Auch seinen Sohn ließ der Arzt beschneiden. „Als Vater treffe ich alle Entscheidungen für mein Kind, tue alles, was ich richtig und wichtig finde“, begründet er den Schritt und ist sicher, dass sein Sohn später dankbar ist.

Auch aus medizinischer Sicht hält er eine Beschneidung für sinnvoll, weil viele ältere Männer aus hygienischen Gründen an Entzündungen und Infekten leiden. Wenn Mediziner als Verbrecher oder körperverletzende Person vor Gericht kämen, sei das „traurig“.

Er selbst führt die Zirkumzision, also die zirkuläre Vorhautabtragung, nur bei medizinischer Indikation durch. Der Eingriff selbst sei eine „Kleinigkeit, die auch bei lokaler Betäubung durchgeführt werden kann“. Nach wenigen Stunden tue es nur noch weh, wenn man unmittelbar an die Wunde kommt. Zum Schutz gebe es speziell gepolsterte Unterwäsche.