Duisburg. Die einen jubeln noch, die anderen lecken ihre Wunde: Der Tag nach der Landtagswahl. Und die neu in den Landtag gewählten Duisburger Abgeordneten fahren am Dienstag erstmals ins Düsseldorfer Parlament.
Eine SMS ließ Birgit Beisheim Sonntagnacht vom Sofa aufschrecken. Eingeschlafen war die Bündnisgrüne mit dem Gefühl, den Einzug in den Landtag doch knapp verpasst zu haben. Nach Mitternacht war aber klar: 29 Sitze bekommen die Grünen. Platz 29 auf der Landesliste, das war ihrer. Punktlandung nennt man das.
Sarah Philipp zeigte schon am Wahlabend freudig den Daumen nach oben. Erst hatte sich die junge SPD-Frau aus Buchholz gegen drei Mitbewerber parteiintern bei der Kampf-Kandidatur durchgesetzt, dann in ihrem Wahlkreis im Duisburger Süden keine Geringere als die CDU-Ratsfraktionschefin Petra Vogt locker hinter sich gelassen. Am Dienstag fährt sie zur ersten Zusammenkunft der SPD-Landtagsfraktion nach Düsseldorf. Und das mit 29 Jahren als „Küken“, als jüngste Abgeordnete in den SPD-Reihen.
"Das fühlt sich klasse an"
Zwei Weglinien aus dem Wahlergebnis von Sonntagabend, das der SPD einen Triumph bescherte, den Grünen Freude bereitete und der CDU eine der schwärzesten Stunden. Selten kam die SPD-Spitze nach einer Wahl so gut gelaunt zusammen wie am Montagmorgen um 8 Uhr. „Über 50 Prozent, das fühlt sich einfach klasse an“, gesteht Parteimanager Jörg Lorenz. Drei der vier besten Zweitstimmen-Ergebnisse aller NRW-Wahlkreise stellt Duisburg.
Das gibt Rückenwind für die Oberbürgermeister-Wahl in fünf Wochen. Gleich morgens war OB-Kandidat Sören Link schon auf Wahlkampf-Tour. Unterwegs auch die Plakatkleber, die Großformate austauschen: Kraft runter, Link rauf.
Keine Politik- oder Parteiverdrossenheit
Vor großer Runde stellte die Partei den Funktionären Montagabend ihre Link-Wahlkampagne vor: Der Link zum Sieg, soll sie sein. „Der Wahlerfolg gibt uns Kraft. Das motiviert. Wir rocken Duisburg“, meint Lorenz. Nach seiner Wahlanalyse zeigt das Ergebnis im Übrigen keine Duisburger Besonderheiten. Auch keine Politik- und Parteiverdrossenheit – trotz der traditionell niedrigen Wahlbeteiligung. Über 52 Prozent der Stimmen, das lässt allerdings auch auf strukturelle Stabilität für den OB-Kandidaten hoffen.
Die CDU-Parteispitze um Thomas Mahlberg und Vize Peter Ibe hatte mit so einem schlechten CDU-Ergebnis nicht gerechnet. Das war eine „Klatsche“, die vor allem Norbert Röttgen angelastet wird: „Kandidat auf der Durchreise“, sei er gewesen, einen „Fehlstart“ habe er hingelegt. Lange Wunden lecken geht aber nicht: Dienstag wird für den OB-Kandidaten Benno Lensdorf plakatiert. „Die Karten werden neu gemischt. Jetzt geht es weniger um das Parteibuch, sondern um die Kandidatenfrage“, hofft Ibe. „Wir müssen noch mal Gas geben. Auch wenn die vielen Wahlen an die Substanz gehen“, ergänzt Mahlberg.
"Das verändert das Leben"
Die frisch gebackene Landtagsabgeordnete Petra Vogt leidet zwar noch mit der Partei, richtet aber auch den Blick nach Düsseldorf. Die vier Spanisch-Schulstunden am Kaufmännischen Berufskolleg am Dienstag muss sie ausfallen lassen: Die neue Fraktion kommt zum ersten Treffen zusammen. Die Vertretung organisieren, letzte Noten schreiben, Petra Vogt wickelt ihr Lehrerdasein ab. Sie galt als oft hartgesottene Ratsfraktionschefin, doch was jetzt kommt, „das ist schon etwas anderes. Das verändert das Leben“, sagt die 42-Jährige.
Wahl in Duisburg
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So empfindet das auch Frank Börner, der im Stadtnorden das beste SPD-Ergebnis mit 59,01 % einfuhr. „Politik war bisher, wenn auch zeitintensiv, ein Hobby, jetzt ist es meine Existenz und mein Beruf.“ Den bisherigen bei Rhein-Maas-See muss er jetzt in andere Hände legen. Sarah Philipp will versuchen, zumindest ein paar Stunden auf ihrem Berufsbein in einem Dortmunder Planungsbüro stehen zu bleiben. „Der Wahlkampf hat richtig Spaß gemacht. Jetzt bin ich sehr zufrieden und auch total aufgeregt.“
Auch für die 50-jährige Birgit Beisheim ist das neue Mandat „etwas Besonderes“. Erst seit drei Jahren ist sie Grünen-Mitglied. Und jetzt der große Sprung von der Bezirksvertretung-Süd („das war eine gute Schule“ ins Landesparlament. Auch die Chefin eines Laborunternehmens muss ihr Leben komplett neu ordnen. Und am Dienstag wohl mit dem Auto statt mit der S-Bahn nach Düsseldorf fahren.
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