Große Koalition der Feierlaune nach der Wahl in Duisburg
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Duisburg. Zerknirschung und Enttäuschung bei der CDU und den Linken nach der Landtagswahl in Duisburg. Ralf Jäger bliebe gerne Minister.
Mit der Politik sind sie noch nicht besonders vertraut – und mit Partys offensichtlich auch noch nicht. Im Grammatikoff sollten die Duisburg Piraten den Einzug in den Landtag feiern, doch wenige Minuten vor der Prognose stehen gerade zehn Parteifreunde zusammen. „Es hatten sich mehr angesagt, aber es ist wohl was dazwischengekommen“, vermutet Parteisprecher Hans-Peter Weyer. Als die ersten Zahlen verkündet werden, wird über den Erfolg der FDP geschimpft. Beim eigenen Ergebnis gibt’s kaum Emotionen. „Na ja“, meint einer und bricht damit wenigstens das Schweigen.
Feierstimmung herrschte bei der CDU in der Cubus-Kunsthalle ebenfalls nicht. Die Live-Übertragung aus Düsseldorf wird stumm verfolgt, während der Rede von Norbert Röttgen regt sich niemand. Als wehende SPD-Fahnen gezeigt werden, ziehen manche den Gang ans Buffet vor: Mettwürstchen, Frikadellen, Fleisch- und Blutwurst, die Schlachtplatte passt zum Ergebnis.
Freude an der Sitzverteilung
„Kommt mal rüber zu uns, hier ist es schöner“, ruft ein SPD-Anhänger nur wenige Meter weiter. Er genießt vor der Tür des Café Museum die Zigarette danach und begrüßt fröhlich die Gäste, die noch eintrudeln. Drinnen drängen sich rund 60 Sozialdemokraten an den Tischen vor der Leinwand. Ein Dutzend Mal haben sie die Sitzverteilung im neuen Landtag wohl schon gesehen, doch niemand wendet den Blick von der Grafik ab. Ein Kellner schiebt sich durch die Reihen, er fragt gar nicht, was man trinken möchte, sondern gleich: „Auch ‘n Bier?“ Und nachdem der Innenminister und Duisburger SPD-Vorsitzende Ralf Jäger sein Statement vor der Kamera abgegeben hat, nimmt hier so mancher einen zufriedenen Schluck.
Punkt 18 Uhr ist im Rathaus Jubel-Zeit: Lang und laut bei der SPD, erleichtert bei der FDP bei Bekanntgabe der TV-Prognose. Etwas abseits stehen die Piraten, noch weitgehend unbekannt im politischen Leben der Stadt, jubelungeübt, aber sichtlich zufrieden. So sehen Sieger aus. Davon sind CDU und Linke gestern weit entfernt.
Finanzen ziehen nicht
„Es gab schon schönere Wahlabende“, so ein zerknirschter CDU-Vorsitzender Thomas Mahlberg. Ratsherr und Landtagskandidat Frank Heidenreich schmerzt es, dass sein Kernthema Finanzen im Wahlkampf „nicht stattgefunden“ hat. Es hört sich resigniert an, wenn er sagt: „Man muss wieder mal zur Kenntnis nehmen, dass mit finanzpolitischen Themen keine Wahlen zu gewinnen sind.“ Auch CDU-Landtagskandidatin Sylvia Linn ist enttäuscht, darüber „dass das, was die CDU rüberbringen wollten, nicht geglückt ist“. Sie findet es allerdings „positiv für Duisburg“, dass die CDU mit Petra Vogt „endlich wieder im Landtag ist“. Der Hamborner CDU-Kandidat Volker Mosblech will nicht alles auf den Spitzenkandidaten Norbert Röttgen schieben: „Wir haben alle verloren.“
Niedergeschlagen sind die Vertreter der Linken. Ratsherr Thomas Keuer versucht eine Erklärung: „Die Protestwähler haben uns dieses Mal eindeutig nicht gewählt. Das macht uns zumindest nachdenklich.“
„Genießen und feiern“, hat sich Frank Börner, SPD-Neuling im Landtag, vorgenommen angesichts seines rekordträchtigen Ergebnisses von fast 60 Prozent. Für Freunde und Wahlhelfer wartet im heimischen Röttgersbach die Currywurst, wie per Plakat versprochen. Im Rat macht Börner einen Sitz frei, Nachrückerin wäre Staatssekretärin Zülfye Kaykin. „Erst mal abwarten“, sagte sie gestern: „Ich habe eigentlich genug zu tun.“
Die Minister-Frage
Locker blickt auch der wiedergewählte Ralf Jäger in die nähere Zukunft. Ob er Innenminister bleibe ? „Ich würde gerne noch.“ Aber das entscheide die Ministerpräsidentin. Und Teilnehmer an den die rot-grünen Koalitionsverhandlungen. Ist Jäger dabei? „Davon gehe ich aus.“
Zufriedenheit auch bei den Grünen. „Ich erhoffe mir jetzt mehr Unterstützung“, verwies Parteisprecher Matthias Schneider auf die zu lösenden Finanzprobleme der Stadt Duisburg.
Wahl in Duisburg
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Klar, nach dem großen Aufatmen zeigen die Mundwinkel nach oben bei der FDP. „Das ist ein deutliches Signal, dass die FDP wirklich gebraucht wird“, freut sich die 24-jährige Landtagskandidatin Christina Labusch. „Wir haben gekämpft wie die Löwen“, ist Dirk Schlenke mehr als erleichtert auch darüber, dass es an diesem Abend – anders als bei früheren Wahlen – keine Zitterpartie für Holger Ellerbrock auf Listenplatz 14 wird. „Mehr als acht Prozent – das hätte ich nicht zu denken gewagt“, jubelt auch Jörg Löbe.
Thema Transparenz
Wenig überrascht zeigen sich die Piraten, von denen allerdings kein Duisburger in den Landtag einziehen wird. Ganz gelassen wirkt Dirk Weil aus Wanheimerort: „Es ist schön, dass wir drin sind. Wir haben damit gezeigt, dass es in Duisburg Piraten gibt.“ Ebenfalls cool bleibt Frank Leiendecker: „Unser Ziel war fünf plus x. Das haben wir erreicht. Und das zeigt, die Leute wollen Sachpolitik.“ Was die Piraten als erstes im Landtag machen sollten? „Jetzt wollen wir erstmal in die Unterlagen gucken, zu denen wir bislang keinen Zugang hatten. Unser Thema ist Transparenz“, sagt Ulrich Scharfenort aus Rheinhausen.
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