Duisburg. . Schlechte Neuigkeiten für die Kleingärtner in Wanheim: Ein Unfall in einer Zinkhütte im Jahr 1999 verseuchte dort den Boden, weshalb der Anbau von Nutzpflanzen nur noch eingeschränkt empfohlen wurde. Wegen Vergiftungsgefahr soll jetzt auf den Anbau von Gemüse komplett verzichtet werden.

Ein Faltblatt der Stadt verwirrt zur Zeit Kleingärtner in Wanheim. Darin rät ihnen das Amt für Umwelt und Grün „dringend“, auf den Anbau von Gemüse vor Ort komplett zu verzichten. Für Donnerstag hat die Stadt zum Pressegespräch dazu eingeladen.

In der Einladung ist auch von den umliegenden Hausgärten die Rede. Kleingärtnern wie Heinz Seemann, dem Obmann seiner Zunft im Süden, ist unklar, worin der Neuigkeitswert dieser Botschaft liegt. Denn Empfehlungen zum Anbau von Nutzpflanzen waren schon 2002 herausgegeben worden.

Nebenwirkungender Schwerindustrie

100 Jahre lang, von 1905 bis 2005, existierte in Wanheim die Metallhütte Duisburg (MHD), eine Zinkhütte. Hauptsächlich sie wird für enorme Luft- und Bodenbelastungen durch Schadstoffe wie Dioxine, Blei, Cadmium, Nickel und Arsen verantwortlich gemacht. Es war aber das Nachbarunternehmen B.U.S., das nach einem Störfall im März 1999 die Blicke auf die giftigen Nebenwirkungen der Schwerindustrie lenkte: Durch den geplatzten Schlauch eines Filters wurden etwa 1,2 Tonnen hoch mit Dioxinen belasteter Staub, ein Rohstoff für die Zinkproduktion, in der Umgebung verteilt.

Mehr Sorgen als das krebserregende Dioxin bereiteten aber die Schwermetalle in den Böden. Blei und Cadmium etwa schädigen das Nervensystem und die Blutbildung, Cadmium zusätzlich die Nieren.

Die Anbau-Empfehlung lautete damals, kein großblättriges Gemüse mehr anzubauen, also Salate oder Grünkohl, weil der giftige Staub in den Poren ihrer Blätter sitzt. Gleichzeitig lief eine Untersuchungs-Maschinerie an, die sich zunächst die zahlreichen Spielplätze vornahm. Kleinkinder gelten als besonders gefährdet, da sie den giftigen Staub über die Finger direkt in den Mund nehmen. Dort galt es, Sand und Oberböden auszutauschen. Erst später kamen die Kleingärten an die Reihe.

Konkrete Zahlen noch nicht bekannt

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Betroffen sind jetzt die beiden Kleingartenanlagen „Feierabend“ zwischen Molberg­straße und Beim Knevelshof sowie „Ährenfeld“ nördlich der dortigen Hauptschule.

Heinz Seemann selbst hat seinen Garten auf der Anlage „Feierabend“. Sie wurde 1936 angelegt und Mitte der 80er Jahre auf 87 Gärten erweitert. Die Anlage „Ährenfeld“ entstand 1964 und zählt 21 Gärten. 2010 und 2011, berichtet er, seien dort Bodenproben genommen wor­den. Ihre Ergebnisse haben die Stadt offenbar jetzt veranlasst, schärfere Anbau-Empfehlungen auszusprechen. Konkrete Zahlen sind noch nicht bekannt.

In Vorgesprächen, so Seemann, seien die Kleingärtner bereits informiert worden. Es geht mittelfristig um Sanierungsmaßnahmen, also den Austausch der Oberböden dort.

"Verlieren wir jetzt die Gemeinnützigkeit?"

Bis dahin, rät die Stadt, soll auch auf den Genuss von Pflanzen verzichtet werden, die die Umweltgifte über ihre Wurzeln aufnehmen. Im Grunde können nur noch Strauch- und Baumobst wie Johannis- und Stachelbeeren sowie Äpfel, Birnen und Pflaumen unbedenklich angebaut werden. Heinz Seemann wundert sich über den Kurswechsel im Rathaus, hätten doch Untersuchungen bei Schwangeren und Neugeborenen keine Auffälligkeiten ergeben. „Verlieren wir jetzt die Gemeinnützigkeit?“, fragt er besorgt. Kleingärtner seien zum Anbau von Nutzpflanzen verpflichtet.

Gelassen reagierte Herbert Schürmann, Vorsitzender des Vereins „Feierabend“, gestern. „Ich hab’ den Garten seit 25 Jahren.“ Seitdem gibt es auch die Verschmutzung. „Das muss jeder Kleingärtner für sich entscheiden.“