Duisburg. . Der Nachtbusfahrer Wolfgang Möhlen hat nachts mehr Ärger mit Schlaglöchern als mit den Gästen.
Der NE4 kommt pünktlich um 0.38 Uhr am Duisburger Hauptbahnhof. Busfahrer Wolfgang Möhlen ist schon seit 0.27 Uhr auf der Linie unterwegs, die im Hansegracht beim Innenhafen gestartet ist. Von da aus ging es Richtung Innenstadt.
Seine ersten Fahrgäste bekommt er heute Nacht erst an der Haltestelle Hauptbahnhof Osteingang. Ein junges Mädchen fragt schüchtern, ob er auch „Pauluskirche“ halte, zeigt ihr Ticket vor und fragt nach der Gültigkeit. Möhlen bejaht beides knapp, sie lächelt erleichtert, er bittet sie herein. Ein junger Mann mit einer selbst gedrehten Zigarette in der Hand kommt angelaufen: „Wie lange halten Sie hier denn noch?“ „Ach, so zwei Minuten schon“, antwortet Möhlen. „Gut, das schaff’ ich“, sagt der junge Mann und zündet sich seine Zigarette an, um schnell dran zu ziehen.
Viele Jugendliche steigen ein, sie zeigen ihr Schüler-Schokoticket vor und halten es auf das Lesegerät, es fiept, Möhlen nickt und macht eine einladende Handbewegung in den Bus.
Er ist seit 34 Jahren Busfahrer. „Ich komme aus einer Kraftfahrerfamilie“, sagt er mit ein wenig Stolz in der Stimme. „Mein Vater war Fernfahrer und mein Sohn ist wie ich Busfahrer“, erzählt er, „der hat vor kurzem auch bei der DVG angefangen“.
Während seine jüngeren Kollegen eher ungern die Nachtbusse übernehmen, mag er es recht gern, nachts zu fahren. „Die Fahrgäste sind entspannter und es sind auch wesentlich weniger, genau wie der Verkehr“ sagt er.
Aber würden die wenigen Gäste nicht nachts mehr Ärger bereiten? „Ach, da entwickelt man im Laufe der Jahre einen Blick für, wann man eingreifen muss“, sagt er, „wir bekommen extra Schulungen für den Umgang mit Konfliktsituation“. In all den Jahren habe er nur eine Schlägerei in einem seiner Nachtbusse gehabt, sonst sei nie was Schlimmes passiert.
Viel stressiger als die Gäste seien die Straßenverhältnisse. „Wenn man eine Strecke häufiger fährt, kennt man die wirklich tiefen Schlaglöcher, die man umfahren muss“, erzählt er. Wenn neue Fahrer auf der Strecke des NE4 geschult würden, müsse er darauf auch besonders hinweisen. „Es gibt hier Stellen auf den Straßen, da schlägt der Bus auf, wenn man zu schnell fährt“.
Zeitweise kann der Bus nur Schritttempo fahren. „Das sind auch die Stellen, an denen ich Verspätung einfahre“, sagt er und zeigt auf eine Anzeige, die jetzt, um kurz nach 1 Uhr nachts, plus vier Minuten anzeigt.
An einer einsam gelegenen Haltestelle steigen drei Mädchen, schick zurechtgemacht, ein. „Die wollen bestimmt ins Pulp“, sagt Möhlen. Als der Bus kurze Zeit später beim „Pulp“, der Diskothek im „Schloss“ an der Wanheimer Straße, hält, steigen die Mädchen tatsächlich aus. Dafür kommt eine Gruppe Jungs in den Bus, die allesamt nicht älter als 16 Jahre aussehen. Einer trägt eine Zahnspange, seine Hose hängt auf halb acht. „Und wohin gehen wir jetzt?“, fragt er seine Kumpels, „ich hab echt noch kein Bock auf zu Hause“. „Wo kommen wir denn noch rein?“, fragt ein anderer die Runde skeptisch. Allgemeines Schulterzucken.
Bei der Kuppersmühle wird es noch mal schwierig für Möhlen - hier stehen die Taxis eng an eng. Und ihm im Weg. Souverän lenkt er den zweieinhalb Meter breiten Bus durch das Nadelöhr. „Wären die Außenspiegel meines Busses nicht so hoch, würde das nicht gehen“, sagt er. Er würde sich mehr Rücksichtnahme der anderen Verkehrsteilnehmer wünschen.
Als er pünktlich um 1.38 Uhr wieder am Hauptbahnhof ankommt, hat er noch zwei Touren für diese Nacht zu fahren. Seine Gäste warten schon.