Duisburger plant Stadtrundfahrt von Tragödie zu Tragödie
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Duisburg. . Seine Stadtrundfahrten heißen „Duisburg-Klassik“ oder „Industrie und Häfen“. Jetzt will Udo Scharf Menschen zu katastrophalen Orten führen. Die Tour führt zum Unglückstunnel der Loveparade, zum Marientorplatz, wo ein Rocker erschossen worden war, und zum Schauplatz der Duisburger Mafia-Morde.
Irgendwo auf der Strecke zwischen den rechtsrheinischen Stadtteilen Mündelheim und Hüttenheim hat sich Udo Scharf verliebt. „In Mündelheim gab es keine Grundschule, also musste ich immer nach Hüttenheim fahren“, erklärt er. Diese Liebe, sie begann in den frühen 1970er-Jahren, hält schon sehr lange und tut dies sehr wahrscheinlich für immer.
Faszination Anderthalbdecker
Der heute 48-Jährige verlor sein Herz während der Fahrten zur Schule nicht etwa an ein Mädchen aus seiner Klasse. Vielmehr hatte es ihm der Bus angetan, der den Grundschüler Tag für Tag zum Unterricht brachte. Inzwischen besitzt Udo Scharf zwölf mehr oder weniger fahrbereite Busse, bietet Stadtrundfahrten an und hat jede Menge automobile Pläne.
Faszination Anderthalbdecker: In einem solchen saß der kleine Udo nahezu jeden Tag. Diese Busse – Scharf hat inzwischen einen Verein für Freunde des Gefährts gegründet – waren ab 1949 von der Essener Karosseriebaufirma Ludewig unter anderem für die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) entwickelt worden. Seit dem Jahr 1955 waren die Wagen, deren hintere Hälfte partiell als Doppeldecker ausgebaut waren, in Duisburg und anderswo im Einsatz. 1983 war der letzte Anderthalbdecker gebaut worden, sie sind heute nahezu ausgestorben.
Im Heck ist Platz für einen Kleinwagen
Besuch in der Werkstatt des Bus-Enthusiasten: Dafür, dass Udo Scharf mehr als ein halbes Dutzend Busse hat, einige andere hat er in Köln abgestellt, sieht es auf seinem Hof an der Rheinhauser Hochstraße erstaunlich ordentlich aus. Rechts parkt ein grauer Doppeldecker, den er regelmäßig an Filmteams vermietet. In den Garagen steht ein Bus, dessen Gepäckabteil so groß ist, dass man bequem einen Kleinwagen darin parken kann. Neben der Garage steht ein früher einmal offenbar sehr schicker Tourbus, „die Band Take That ist bereits mit diesem Bustyp der belgischen Marke van Hool gereist.“
Schießerei in Duisburg
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Im hinteren Teil der Garage parkt auch der erste Omnibus, den sich Scharf überhaupt angeschafft hat, 1984 hatte er ihn von der DVG übernommen. Zum Restaurieren hatte es dann aber offenbar an einer tauglichen Basis gehapert, es lohnte sich einfach nicht. Zudem hatte Scharf gehofft, den Wagen einmal für die DVG als historisches Fahrzeug herzurichten und ihn dem Unternehmen zurückzugeben. „Sie haben aber kein Interesse an historischen Fahrzeugen.“
Zu hoch für den Karl-Lehr-Tunnel
Direkt vor der Garage parkt ein Doppeldecker in der allbekannten Farbe „Verkehrsgelb“, Baujahr 1995, Kilometerstand: 845 370. Den von den Berliner Verkehrsbetrieben ausrangierte Bus hatte der Sparkassen-Angestellte, er arbeitet dort in der Öffentlichkeitsarbeit, gekauft mit dem Ziel, ihn durch Duisburg zu lenken. „Ich möchte ihn für Stadtrundfahrten zusätzlich zu meinem Reisebus einsetzen.“ Inzwischen ist der 70 Plätze starke Wagen soweit restauriert und aufgehübscht, dass er bis zum Saisonstart am 1. April einsatzbereit ist. „Die grüne Plakette ist nach einigem bürokratischem Hickhack inzwischen auch da.“
Udo Scharf wird seine Touren mit dem Doppeldecker etwas umbauen müssen. „Der Aufbau ist für manche Tunnel, etwa den Karl-Lehr-Tunnel, zu hoch. Ich werde den Streckenverlauf etwas ändern.“ Der Lehr-Tunnel, hier hatte das Drama bei der Loveparade seinen Lauf genommen, ist Teil spezieller Sonderfahrten.
Für die Tatort Duisburg-Tour gibt es Anfragen aus ganz Deutschland
Seine Idee geht sogar noch weiter: Rundfahrten mit dem Titel „Tatort Duisburg“. Er möchte die Schauplätze der Schimanski-Tatorte ebenso anfahren wie die einiger Duisburger Tragödien. Die Tour soll den Ort der Mafiamorde am Hauptbahnhof, der unter anderem durch den Rocker-Mord bekannt gewordene Marientorplatz und eben den Karl-Lehr-Tunnel anfahren. „Ich habe für eine solche Tour, in Berlin gibt es so etwas bereits, jede Menge Anfragen aus ganz Deutschland bekommen.“
Mafia-Morde in Duisburg
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Udo Scharf und seine Busse, hätte sein Heimatstadtteil Mündelheim damals eine eigene Grundschule gehabt, der 48-Jährige hätte seine Liebe zu Anderthalbdeckern und Co. womöglich nie entdeckt. Wer weiß, vielleicht würde er dann jetzt Fahrräder sammeln. Oder Mofas. Seine Garage wäre Sicherheit gut gefüllt...
Die nächsten Termine: Samstag, 4. Februar:Sonderfahrt „Industrie und Häfen“; Sonntag, 5. Februar: Duisburg-Klassik. Weitere Informationen und Buchung: Telefon 0178/7013001
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