Duisburg. . Der Fahrgastverband ProBahn übt scharfe Kritik am öffentlichen Bus- und Bahnverkehr in Duisburg. Verglichen mit anderen Ruhrgebietsstädten belege Duisburg einen der letzten Plätze. Die Duisburger Verkehrsgesellschaft DVG hingegen schätzt das eigene Angebot als „gut“ ein.
Volle Busse. Verspätete Bahnen. Abends kommt man nur schwer in die Stadtteile... Kein Wunder, dass zu unserer neuen Serie „Mitreden! WAZ lesen“ als erstes folgende Postkarte in unserer Lokalredaktion eintrudelt: „Der ÖPNV sollte verbessert werden. Häufigere Fahrten besonders zu Schulbeginn und -ende, aber auch Bevorzugung der Bahn im Straßenverkehr.“ Geschrieben hat diesen Themenwunsch Petra Kaczmarek, die sich nahezu täglich über die Linie 901 ärgern kann.
„Morgens ist es brechend voll, wenn die Schüler zur Schule fahren“, sagt Kaczmarek, „Außerdem steht die Straßenbahn oft im Stau, weil sie keine eigene Fahrspur hat, wie das in anderen Städten oft der Fall ist.“ Da müsse man schon überzeugter Klimaschützer sein, die Verlockung ins Auto umzusteigen sei doch groß. Das kann Lothar Ebbers, Pressesprecher von ProBahn, verstehen. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem öffentlichen Bus- und Bahnverkehr und hat die Ruhrgebietsstädte anhand der VRR-Statistik miteinander verglichen. Duisburg ist aus seiner Sicht „weit abgeschlagen“ und belege einen der letzten Plätzen.
Manche Stadtteile lassen sich abends schwer erreichen
„Dabei geht es um den Takt und die Netzdichte“, setzt Ebbers an, „Versuchen sie doch mal um 23.30 Uhr von irgendwo wegzukommen. Jede Menge Stadtteile lassen sich dann nicht mehr erreichen. Nebenan in Mülheim kommt man aber bis 0.30 Uhr noch überall hin.“ Soviel zur Generaleinschätzung, aber damit ist Ebbers nur warmgelaufen.
„In den letzten 20 Jahren wurden viele Linien erst vom Zehn- in den 20-Minutentakt runtergefahren. Dann wurde aus dem 15-Minutentakt ein halbe Stunde. Die 907 ist dafür ein gutes Beispiel“, so Ebbers. In Stadtteile wie Röttgersbach könne man tagsüber alle 15 Minuten fahren, abends aber nur einmal die Stunde. Wer in den Norden wolle, müsse stets umsteigen - oder lange auf den Schnellbus warten.
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Oft verpasse man dann den Anschluss, weil die Haltestellen zu weit auseinanderliegen. Busse fahren lange Umwege, weil sie viel Fläche abdecken müssen. Im Nachtnetz seien nur die Hälfte der Stadtteile angebunden. Nur die 903-Linie und die U79 böten Akzeptables. Aber auch diese fahren ab 20.30 Uhr nur noch alle halbe Stunde – was aus Sicht Ebbers „lächerlich“ ist und die Attraktivität des Duisburger Freizeitsektors untergrabe.
„Duisburg leidet unter dem Haushalt. Das ist eine Größenordnung an Streichungen, die die DVG in eine Art Mangelverwaltung geführt hat“, sagt Ebbers. Entscheidende Handlungsmaxime sei: Nichts machen, was das Defizit erhöht. Darum wundere sich der ProBahn-Pressesprecher auch gar nicht, wenn niedrige Nutzerzahlen als Erklärung für geringe Fahrtakte herangezogen werden. ProBahn fordert stattdessen, Duisburg solle im dichteren Takt fahren – eine Großstadt mit 500.000 Einwohnern bedürfe eines Zehnminutentakts. „
Der DVG sagt zur Taktverdichtung: ‘Das braucht man nicht, weil da keiner fährt’. Aber eben weil die Takte so sind wie sie sind, ist es einfach nicht attraktiv mit Bus und Bahn zu fahren“, urteilt Ebbers und treibt es danach provokant auf die Spitze: „Duisburg sieht sich als Vorort von Moers und hat sich deren Takten angepasst.“
DVG schätzt den Nahverkehr in Duisburg als gut ein
ProBahn zählt in Duisburg 120 Fahrten pro Einwohner pro Jahr. Die DVG-Zahlen lägen höher, weil Umstiege mitrechnet würden. In umliegenden Städten seien 180 Fahrten der Durchschnittswert. „Ich denke, Bus und Bahn werden zum Einkaufen genutzt, aber in der Freizeit nicht“, sagt Ebbers. Er selber fährt im Duisburger Norden stets mit dem Rad, „da bin ich wesentlich mobiler“.
Zu den einzelnen Kritikpunkten lässt sich viel sagen. Aber für DVG-Sprecher Helmut Schoofs ist eins entscheidend: „Wenn wir an der einen Stelle mehr fahren, müssen wir an anderer Stelle kürzen.“ Denn die 630 Fahrer mit ihren 65 Straßenbahnen und 177 Bussen könnten nur einmal eingesetzt werden. Eine Reserve an Personal oder Bussen und Bahnen gibt es nicht. Darum lautet Schoofs Fazit: „Im Rahmen des finanziell Machbaren stufen wir unser Angebot als ,gut’ ein. Das ist der Spielraum, den unser Auftraggeber, die Stadt Duisburg, bereit ist zu zahlen.“