Duisburg/Düsseldorf. .

Die Duisburgerin Zülfiye Kaykin verantwortet in der neuen NRW-Regierung als Staatssekretärin die Integrationspolitik. Im Vorfeld tobte hinter den Kulissen um diese Personalie ein Kampf, der auch mit schmutzigen Mitteln geführt wurde.

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Von Tobias Bolsmann

In den vergangenen Tagen war die Anspannung von Zülfiye Kaykin abgefallen. Seit Anfang der Woche steht fest, dass sie in der neuen NRW-Minderheitsregierung als Staatssekretärin die Integrationspolitik verantworten wird. Am Freitag erhielt sie ihre Ernennungsurkunde.

Hinter der 41-Jährigen liegen Monate eines enormen Drucks und der Ungewissheit. Seit ihrer Berufung in das Kompetenzteam von Hannelore Kraft tobte hinter den Kulissen um diese Personalie ein Kampf, der auch mit schmutzigen Mitteln geführt wurde.

Nachdem sie 2007 von Bundespräsident Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz für ihre Verdienste um das Zusammenleben der verschiedenen Religionen erhalten hatte, verwandeln sich diese Verdienste nun in einen politischen Auftrag. Bei der Frage nach der nötigen Kompetenz mag auch ein Blick auf Kaykins Biographie als Antwort dienen:

Aufgewachsen in Denizli

Ihr Vater kam Ende der 60er-Jahre nach Duisburg. Sie selbst – aufgewachsen in der türkischen Stadt Denizli – folgte als Neunjährige mit ihrer Mutter und den beiden Geschwistern. Als Schülerin lernte sie schnell das Gefühl eines ausländischen Kindes in Deutschland kennen, sie saß zunächst in einer Vorbereitungsklasse für türkische Kinder. „Die sind anders, die sind besser”, dachte sie jedes Mal, wenn sie ihre deutschen Schulkameraden sah. Ein Gefühl, dass noch heute Migranten-Kindern beschleicht.

Es folgten der Hauptschulabschluss und eine Ausbildung zur Verkäuferin. Der hohe Anspruch an sich selbst, den man bei Kaykin spürt, spiegelte sich darin wider, dass sie sich zur Filialleiterin eines Schuhhauses hocharbeitete. Nebenbei begann sie, sich in der Lokalpolitik zu engagieren, bei der SPD.

„Wunder von Marxloh“

Was folgte, war nicht weniger als ein Wunder. Kaykin zählte zu den zentralen Personen bei der Realisierung der Merkez-Moschee, die bundesweit als das „Wunder von Marxloh” Schlagzeilen machte. Ab 2004 führte sie hauptamtlich die Geschäfte der Begegnungsstätte. Fast ein 24-Stunden-Job, doch ihre Söhne Ethem und Ömer wusste sie bei ihrem Ehemann bestens versorgt.

Was nach der feierlichen Eröffnung der Moschee im Oktober 2008 geschah, offenbart, vor welch großer Herausforderung Kaykin steht. Plötzlich sah sie sich Angriffen aus Teilen der eigenen Moscheegemeinde ausgesetzt. Man konnte das Gefühl bekommen, als habe sich das Wunder als blaues entpuppt und die Integration den Rückwärtsgang eingelegt. Dass sogar ein Regierungsmitglied der Türkei sich darüber mokierte, dass die 1,58 Meter kleine Powerfrau ihre Arbeit in der Begegnungsstätte für die eigene politische Karriere missbrauche, hat sie nicht nur verletzt, es zeigt auch, mit welch langem Arm Ankara sogar bis nach Duisburg greift und welchem Spannungsfeld Integrationspolitik ausgesetzt ist.

Um Ruhe in das Projekt Begegnungsstätte zu bringen, kündigte sie im Frühjahr ihre Geschäftsführerstelle. Den Weg zur Moschee hat sie seitdem nur selten gesucht. Jetzt freut sich Zülfiye Kaykin auf ihren ersten offiziellen Besuch als Staatssekretärin...