Duisburg. .
118 Jahre war die Drogerie Reichenbach eine feste Adresse in Ruhrort, jetzt steht das Traditionsunternehmen am Neumarkt vor der Schließung.
Der Totalausverkauf hat bereits begonnen. Parfüm, Kosmetik, Weine – alles muss raus. „Wir haben treue und nette Kunden – aber es sind zu wenige“, bedauert Geschäftsführer Martin Fricke: „Für einen Facheinzelhandel ist es hier schwierig“, schildert er die Lage in Ruhrort. „Plus“ sei weggezogen aus dem Herzen des Hafenstadtteils, „Kaufland“ am Rande Ruhrorts ziehe Kunden ab, die Binnenschiffer hätten keine Zeit mehr für Einkäufe an Land.
Einst 30 Mitarbeiter
Das war früher völlig anders: Größere Mannschaften an Bord, längere Liegezeiten im Hafen – 400 Liter vom 96-prozentigen Weingeist wurden in besten Zeiten zu Spirituosen verarbeitet und verkauft. Mehr als 30 Mitarbeiter zählte Reichenbach einst in Ruhrort, zweieinhalb Arbeitsplätze sind’s heute, die Mitarbeiter wechseln zu zwei Standorten in Mülheim.
Gegründet wurde das Traditionsunternehmen an der Landwehrstraße, es blühte weiter auf an der Fabrikstraße, vor 13 Jahren wurde noch einmal gepackt und die Adresse gewechselt: „Wir haben noch einmal massiv investiert.“ Aber schon vor drei Jahren stand Fricke vor der Entscheidung, das Geschäft am Neumarkt endgültig zuzuschließen: „Das will man nicht, aber es ist eine wirtschaftliche Entscheidung.“ Die erhoffte positive Entwicklung Ruhrorts, etwa durch den Kreativkreis, wirke noch nicht.
Gelernter Drogist
Fricke ist wie seine Vorgänger gelernter Drogist. Was den anspruchsvollen Lehrberuf einst ausmachte, verdeutlicht am besten die alte, kleine Kladde des früheren Reichenbach-Mitarbeiters Hans Kieselbach, in der sich Likörrezepte finden wie auch eine Rezeptur für „Beinbräune“, die mangelzeitblassen bloßen Damenbeinen einen Hauch von Seide verlieh. Eine gute Nachricht zum Schluss: Der Kräuterlikör „Ruhrorter Stadtgespräch“ wird weiterhin im Hafenstadtteil zu kaufen sein.