Duisburg. . Die Drogeriemarktkette Schlecker will auf ihre Kunden zugehen - auch auf Türkisch. Ab Samstag werden im Stadtteil Hochfeld 10.000 türkischsprachige Werbe-Prospekte verteilt. Wenn die Aktion Erfolg hat, soll es das bald in ganz Deutschland geben. Auch türkische Produkte sind denkbar, heißt es von Schlecker.
Neben Shampoo, Toilettenpapier und Kaugummi könnte die Schlecker-Filiale an der Wanheimer Straße in Hochfeld bald „Halal-Produkte“, also Nahrungsmittel, die den Vorschriften des islamischen Rechts entsprechen, anbieten. Aber noch ist das Zukunftsmusik. Zunächst einmal will Schlecker die Migranten durch eine gezielte Ansprache für sich gewinnen. In Duisburg-Hochfeld wirbt die Drogerie-Kette bei türkischsprachigen Kunden ab Samstag mit einem Kundenmagazin in ihrer Muttersprache – erstmalig in Deutschland.
Wenn das Angebot gut angenommen wird, sollen die türkischen Kundenmagazine bald regelmäßig und auch in anderen Städten zu finden sein. Auch türkische Produkte seien nicht ausgeschlossen. Man wolle „ein Zeichen setzen, dass wir unsere türkischen Kunden schätzen“, heißt es von Schlecker.
„Wenn es irgendwo klappt, dann in Duisburg-Hochfeld“
Patrick Hacker, Sprecher des Unternehmens, hält Duisburg-Hochfeld für ein ideales Testgebiet. Im Duisburger Ortsteil Hochfeld beträgt der Anteil der Migranten fast 65 Prozent, die türkischstämmigen Menschen stellen dabei bei weitem die größte Gruppe. Rund um die Wanheimer Straße ist dieser Wert noch höher, vermutet Hacker; „dort lebt ein außergewöhnlich hoher Anteil von Menschen mit türkischen Wurzeln auf kleinem Raum zusammen.“ 10.000 Prospekte sollen in den Haushalten rund um die Filiale verteilt werden. „Wenn es irgendwo klappt, dann dort“ erklärt Hacker. Er hofft, dass so mehr türkische Kunden bei Schlecker einkaufen wollen.
Türkische Werbung hat in Deutschland großes Potential
Die Drogeriekette aus Süddeutschland ist nicht das erste Unternehmen, das seine Kunden auf Türkisch anspricht. Auch Allianz, HypoVereinsbank, die Deutsche Telekom oder Arcor haben schon gezielt Türken in Deutschland angesprochen. Burhan Gözüakça, Geschäftsführer der Werbeagentur BEYS, die sich auf Ethnomarketing spezialisiert hat, glaubt, türkische Werbung habe noch viel Potential. Viele Untersuchungen legten nahe: Türkische Migranten sind überdurchschnittlich jung, sie haben mehr Kinder, sind sehr konsumfreudig und achten auf Marken. Für Werbetreibende ein Traum.
Auch VW pflegt die türkische Kundschaft besonders sorgfältig. Inzwischen wurden mehr als 50 Verkaufsberater speziell für die gezielte Ansprache geschult.In Verkaufsgesprächen unterhalte man sich beispielsweise mehr über die Herkunft oder die Familie als sonst. Aber auch Fußball sei ein beliebtes Thema. (dapd)
Neben der einfachen Übersetzung des deutschen Prospekts soll das türkische Kundenmagazin auch speziellen „türkischen Inhalt“ enthalten. Die Erstausgabe widmet sich den Vorteilen von natürlichen Kräutern beim Tee-Kochen und der Schönheit des Urlaubslandes Türkei. Die Titelgeschichte lüftet zudem „Die 4 Geheimnisse, um glücklich zu werden“ und erklärt „Geld, Status, Schönheit – natürlich wollen wir das alles, aber für ein erfülltes Leben sind andere Dinge wichtiger.“ Ob die Tee-begeisterten, sinnsuchenden Türkei-Urlauber in der Wanheimer Straße so tatsächlich in die Schlecker-Filiale gelockt werden, sei dahingestellt. Generell arbeite Schlecker daran, seine Kunden in einer Sprache anzusprechen, die sie verstehen, so Hacker weiter.
Auch türkische Produkte bei Schlecker denkbar
In der vergangenen Woche hatte das Unternehmen mit einem Brief, in dem die Kunden des Unternehmens als Menschen mit „niederem bis mittleren Bildungsniveau“ bezeichnet wurden, für Spott gesorgt. Anlass der Debatte war der Slogan „For You. Vor Ort“ gewesen, mit dem die Drogerie-Kette seit einigen Monaten wirbt. Dieser sei auf die wenig gebildeten Kunden zugeschnitten, ließ Florian Baum, Leiter der Unternehmenskommunikation, in einem Brief an den Verein für Sprachpflege wissen. Nachdem viele, die den Brief im Netz gelesen hatten, empört reagierten, erklärte Schlecker online: „Wir stehen zu unserer Zielgruppe“. Und zu der gehörten eben auch Migranten.
„In Stadtteilen mit vielen älteren Menschen gehören Nahrungsergänzungsmittel und Gesundheitsprodukte zum Sortiment, bei vielen Familien eben Babynahrung und Windeln“ erklärt Hacker die Unternehmensstrategie. In Vierteln wie Duisburg-Hochfeld könnten spezielle türkische Produkte daher kein Tabu sein. In Zukunft könne man das noch „viel weiter denken“ – die Kunden in der Wanheimer Straße können gespannt sein.