Duisburg. .
Bauteil Nummer acht ist heute an der Reihe. Per Kran wurde es am frühen Morgen in die korrekte Position gehoben. Dass es vor Beginn der nun anstehenden Montagearbeiten dort auch verbleibt, dafür sorgen einige fest gezurrte Zugbänder.
Die nächsten Schritte lauten: verschrauben, schweißen, nachverzinken. Und mit jedem weiteren fertiggestellten Abschnitt nimmt das Kunstwerk „Tiger & Turtle – Magic Mountain“, das hoch über den Köpfen der Wanheimer Bürger im Angerpark gebaut wird, ein Stück weit mehr Gestalt an. Einblicke auf die faszinierende Entstehung einer neuen Landmarke.
Der Himmel ist makellos an diesem warmen, trockenen Sommer-Vormittag. Die Sonne taucht den Serpentinenweg, der die Heinrich-Hildebrand-Höhe am Rande der Berzeliusstraße hinaufführt, in ein warmes, fast mediterranes Licht. Die Meter für Meter gen Himmel wachsende Großskulptur auf dem Gipfel ist schon von weitem zu sehen. Fast jeden Tag verändert sie ihr Aussehen. Aber schon jetzt macht sie ihrem Spitznamen alle Ehre: Die „begehbare Achterbahn“ erinnert auf den ersten und auch den zweiten Blick verblüffend an besagte Kirmesattraktion. Geschwungener, in sich gewundener Stahl – wohin der Betrachter auch staunend schaut.
"Es nimmt allmählich Formen an"
Nach zehn Minuten schweißtreibender Fußstrecke ist der Gipfel erreicht. Dort wartet Andreas Spronk. Zum legeren Hemd trägt der 58-jährige Bauingenieur schwere Arbeitsschuhe und einen blauen Plastikschutzhelm. Als Bauherr weiß er genau, was laut Vorschrift zur Dienstkleidung gehören muss.
„Es nimmt allmählich Formen an“, sagt der Mann aus Moers, der sich in seinem Berufsleben bislang vor allem mit dem U-Bahn-Bau beschäftigte. „Tiger & Turtle“ ist das erste Kunstwerk, das unter seiner Aufsicht und Regie entsteht. „Auch deshalb ist es für mich ein spannendes, besonderes Projekt“, erklärt Spronk.
Baustelle Landmarke
Der erste Weg führt uns zu dem schmalen Tor, das später einmal der Zutritt zu dieser begehbaren Skulptur werden soll. Dort steht Projektkoordinatorin Carola Kemme. Sie füttert den Besucher mit allerlei Zahlen: Das 90 Tonnen schwere Kunstwerk – gefertigt aus verzinktem Stahl – steht auf 17 Stützen, die alle über einen Durchmesser von fast 33 Zentimetern verfügen. Die insgesamt 249 Stufen fügen sich zu einer Gesamtlänge von rund 220 Metern zusammen. Das einzige Teilstück, das für Besucher später nicht zu betreten sein wird, ist ausgerechnet der absolute Hingucker dieser Skulptur: ein rund 20 Meter hoher Looping.
Die Aussicht ist der Wahnsinn!
„Die Aussicht hier oben ist bemerkenswert“, sagt Bauherr Andreas Spronk. Klarer Fall von Untertreibung: Die Aussicht ist der Wahnsinn! Im Süden reicht der Blick an diesem klaren Vormittag bis zum Düsseldorfer Fernsehturm. Im Nordwesten strahlen die sechs „weißen Riesen“ in Homberg im Schein der Sonne. Daneben tauchen am Horizont auf: das Geleucht auf der Halde Rheinpreußen in Moers, der Stadtwerke-Turm und der Kühlturm des Kraftwerks in Walsum.
Im Nordosten sind sogar der Gasometer und die Müllverbrennungsanlage in Oberhausen zu erkennen. Und das Hüttenwerk Krupp-Mannesmann, das sich südwestlich direkt am Fuße der Halde erhebt, schrumpft von hier oben fast auf Spielzeugformat. Diese Landmarke, sie wird die Fernsicht-Fans der gesamten Republik anlocken.
Richtfest wird Anfang September sein. Die offizielle Übergabe an die Bevölkerung soll laut Spronk im November erfolgen. Die Zeitplan wird wohl eingehalten. „Denn derzeit geht alles zügig voran“, sagt Carola Kemme. Sturm und Regen als lähmendste Hemmschuhe für die täglich bis zu zehn Bauarbeiter haben sich zuletzt wohltuend rar gemacht. „Bislang ist die hohe Passgenauigkeit der Einzelteile zu erwähnen. Das ist nicht immer so“, benennt Kemme ein Problemfeld. Um so schöner, dass sich dieses stählerne Riesen-Puzzle bislang so perfekt zusammensetzen lässt.