Duisburg. .
Um kurz vor zehn tröpfeln die Wanderfreunde an der Straßenbahnhaltestelle Zoo/Universität ein. Nicht so der Regen: Der prasselt nieder, unbarmherzig und unaufhörlich.
Die Stimmung der 22 Wanderer, die heute gemeinsam mit dem Sauerländischen Gebirgsverein (SGV) die erste Etappe des DU-Wegs wandern wollen, kann das kaum trüben.
„Nach Zweckmäßigkeit, nicht nach Schönheit ist die Kleidung auszuwählen“, heißt es schon in der Wanderordnung. Und so machen sich 22 in Funktionskleidung verpackte und größtenteils mit Regenschirmen ausgerüstete Hartgesottene auf den Weg. „Dass so viele ihren inneren Schweinehund bei dem Hundewetter überwunden haben“, freut Wanderführer Peter Cerutti. Er ist stolz, dass auch seine Enkel mit dabei sind. „Sie wollten unbedingt mal mit dem Opa wandern gehen.“ Mit dabei ist auch noch die SGV-„Familie“, aber auch einige Gäste, die an diesem verregneten Sonntag einen Teil ihrer Heimat erwandern möchten.
13,5 Kilometer liegen heute vor der Truppe, eine von sechs Etappen, die auf insgesamt 90 Kilometern einmal rund um das Duisburger Stadtgebiet führen. Wegweisend ist ein weißes „DU“ auf schwarzem Grund, gepinselt auf Bäume und Straßenlaternen. Das erste Schild ist schnell gefunden und los geht die Wanderung vorbei durch ein Wohngebiet und ersten Bäumen, die sich rasch zum Stadtwald auswachsen. Das Brausen der Autobahn 3 wird auf den ersten Kilometern mal lauter mal leiser zu hören sein, aber zunächst ist es ohrenbetäubend: Bevor der Weg die Autobahn überquert, schlängelt er sich zwischen Ab- und Auffahrten hindurch.
WAZ Wanderserie
Die Route: Die erste Etappe führt vom Duisburger Zoo durch den Stadtwald nach Rahm. Auf 13,5 Kilometern führt der Weg überwiegend über Schotter- und Waldwege, die selbst bei Dauerregen mit festem Schuhwerk gut zu begehen waren. Die Etappe ist in 3,5 bis 4 Stunden gut zu schaffen.
Höhen und Tiefen: Der Stadtwald besticht durch seine alten Bäume und das üppige Grün – ein bisschen schade, dass an vielen Stellen der Autobahnlärm daran erinnert, dass man sich doch nicht in einem Märchenwald befindet. Der Entenfang ist sicherlich der Höhepunkt der Strecke. An sonnigen Tagen sollte man hier genug Zeit für ein ausgiebiges Picknick einplanen. Wer mag, kann verweilen, Kraft für den letzten Etappenteil tanken oder sich mit dem Tretboot auf den See wagen.
Anreise: Sämtliche Etappen des DU-Wegs sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Die Straßenbahnlinie 901 bringt vom Hauptbahnhof aus alle zwanzig bis dreißig Minuten zum Etappenstart Haltestelle Zoo/Universität an der Mülheimer Straße. Vom Etappenziel Rahm fährt die S1 alle halbe Stunde zurück zum Hauptbahnhof. Wer die Etappe frühzeitig beenden will, hat am Entenfang hierzu die Möglichkeit. Von hier fährt eine Regionalbahn zum Hauptbahnhof.
Abstecher: Am Wegesrand liegt die Wolfsburg, die ehemals ein beliebtes Ausflugslokal beherbergte. Heute ist dort ein Tagungshaus, die katholische Akademie. Aufgrund der restaurierten Jugendstilfassade ist das historische Gebäude auf der Anhöhe aber einen Blick wert. Am Zielort lohnt sich ein Abstecher zur St. Hubertus Kirche mit ihrem für diese Breitengrade eher untypischen Zwiebelturm im neubarocken Stil.
Einkehren: Unterwegs kann sich der Wanderer am Entenfang mit einem kleinen Snack oder kalten und warmen Getränken aus dem Imbiss „Futterkrippe“ stärken. Wer sich am Etappenziel Rahm mit gutbürgerlicher Küche belohnen will, kann in direkter Bahnhofsnähe im Landgasthaus Chargé tun. Die SGVler kehren regelmäßig im Haus Will ein, das ebenfalls gutbürgerliche Küche serviert.
Dann endlich: Wald. Das grüne Blätterdach kann zwar den Regen längst nicht mehr abhalten, vermittelt aber doch das Gefühl, die Großstadthektik hinter sich zu lassen. Der verregnete Juli hat den Moosen und Farnen ein üppiges Grün geschenkt. Gut, dass alle passendes Schuhwerk haben, dem die Pfützen und Matschlöcher auf dem aufgeweichten Waldweg nichts anhaben können.
GPS-Empfänger gegen gutes, altes Kartenwerk
Nach einem leichten Anstieg ist unter dem Regenschirmrand die Wolfsburg zu sehen. Ab hier wird der DU-Weg zum Grenzgang, denn genau hier verläuft die Duisburger Stadtgrenze zu Mülheim. Ein weißes „M“ auf schwarzem Grund weist daraufhin, dass sich auch Mülheim mit einem Rundwanderweg ziert.
Die Gruppe aber bleibt auf dem DU-Weg. Glaubt sie zumindest. Den Kopf in Kapuzen oder unter Regenschirmen geschützt, in ein Gespräch mit dem Wandernachbarn vertieft, vergessen 22 Wanderer auf die Beschilderung zu achten. Als an der nächsten größeren Wegekreuzung weit und breit kein „DU“ mehr zu sehen ist, ist das Geschrei groß. „Da geht’s weiter rund um Mülheim“ „da zum Forsthaus Curtius“, „da zur A3, da geht’s wieder zurück!“ Alles redet durch einander – der Wanderführer hat das letzte Wort, es geht dort lang, ganz wie es sein GPS-Gerät diktiert hat. Hundert Meter weiter sind er und sein Wandernavigator jedoch überstimmt, man hat auf der guten alten Karte rausgefunden, wo man sich befindet. Kommando zurück und bald geht es wieder auf dem richtigem Pfad gen Duisburger Süden. „Sowas gehört zu jeder richtigen Wanderung. Auch hier beim SGV“, sagt einer der es wissen muss. Edmund Fassbender ist seit elf Jahren beim SGV und läuft mit so oft er kann.
Nach gut zwei Dritteln erreichen wir „Klein-Finnland“, wie Cerutti es ankündigt: Hohes Gras, Brombeeren und durch die schlanken Birken schimmert ein See, der Entenfang. Gespeist vom Wambach und Rottbach ist er ein beliebtes Ausflugsziel in unmittelbarer Nähe der Sechs-Seen-Platte. Heute haben sich außer der Wandergruppe nur ein paar Hundebesitzer hierher verirrt. Es gibt warmen Tee aus der Thermoskanne, statt kühler Erfrischung aus dem Imbiss „Futterkrippe“ und weiter geht’s.
Die erste Etappe endet im Duisburger Süden
Der Regen zieht noch einmal an – und damit auch das Tempo der Wandergruppe. Spätestens jetzt quengeln die Kinder, Wandern hatten sie sich irgendwie anders vorgestellt, sonniger vielleicht. „Wie weit ist es denn noch?“, diese Blöße würde sich keiner der erwachsenen Wanderer geben, aber es scheint, als ersehnten nun alle das Etappenziel. So richtet kaum einer den Blick nach links oder rechts als das ehemalige Eisenbahnausbesserungswerk überquert wird. Es war einst das größte im Deutschen Reich, hatte sich auf Dampflokomotiven spezialisiert, die man hier wieder flott machte, wenn ihnen mal die Puste ausgegangen war – heute ist hier ein großes Verteilerlager für Eisenbahnschienen.
Nach einem kleinen Stückchen asphaltierter Straße (zunächst Lintorfer, dann Druchter Weg) heißt es wieder: Den Einschlupf nicht verpassen, von hier an, geht es lange geradeaus. Durch heftigen Regen, der sich langsam aber sich durch den Kragen und die Nähte an den Schuhen frisst, kämpft man sich voran. Dann, Land in Sicht: Großenbaum ist erreicht, bald darauf Zielort Rahm. Dem Rahmer Bach folgend geht es durch das Neubaugebiet, bis schließlich die rettende Haltestelle erreicht ist. Hier trennen sich die Wege der Wanderer, aber nur für eine Nacht. Denn dann geht es weiter durch den Duisburger Süden – mit Aussicht auf deutlich besseres Wetter. Der Mitwanderer Richard Horning: „Nur wer heute im Dauerregen dabei war, kann ermessen, wie schön es morgen wird.“