Duisburg. .
Sie kommen stets unangemeldet. Immer in kleinen Teams. Die WAZ ging auf Tour mit den Kontrolleuren der Lebensmittelüberwachung.
Mit strammen Schritt geht Volker Jeup auf dem Wochenmarkt in Hochemmerich auf den ersten Stand zu. „Guten Morgen, Lebensmittelüberwachung“, sagt der Mann vom städtischen Institut für gesundheitlichen Verbraucherschutz. Heute will er mit seinen Kollegen bei den Eierhändlern Proben nehmen. Die wissen, dass die Kontrolleure sich nicht nur die Ware, sondern auch den Stand anschauen. Ach, du dickes Ei. . .
Georg Peters ist an diesem verregneten Morgen der Erste, den es erwischt. Seit 1984 verkauft der Mann aus Kempen als Großhändler in Rheinhausen die Erzeugnisse mehrerer Höfe. Rund 3000 Eier – die meisten braun, manche weiß – liegen auf Papp-Paletten vor ihm und seinen Verkäuferinnen. Alle streng sortiert nach Gewicht. Ausgezeichnet sind sie wie Kleidungsstücke. Im „M“-Bereich liegen die kleinsten (53-63 Gramm), bei „XL“ die größten (über 73 Gramm). „Wir wurden schon länger nicht mehr kontrolliert. Aber das gehört eben dazu und ist wichtig, um schwarze Schafe aufzuspüren“, zeigte sich Peters verständnisvoll.
Notfalls wird die Polizei hinzugezogen
Das ist bei fast allen Händlern so. „Dass jemand die Abgabe von Proben verweigert oder uns gar bedroht, ist die absolute Ausnahme“, versichert Norbert Vreden (62), der Leiter des Instituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und seit 35 Jahren städtischer Angestellter. Kürzlich hatte ein Hersteller von Soja-Käse Stunk machen wollen. „Dann rufen wir die Polizei – und stellen mit deren Mithilfe die Proben sicher“, so Vreden.
Volker Jeup tütet die zu untersuchenden Eier ein, verzeichnet auf einem Formblatt genau, was und wie viel er wovon mitnimmt. Und damit kein Händler nachher behaupten kann, dass die Prüfergebnisse gar nicht zu seinen Eiern gehörten, geben die Kontrolleure ihm eine eingeschweißte Gegenprobe mit.
"Wichtig ist, dass die Eier gestempelt sind"
Und was wird nun getestet? „Wichtig ist, dass die Eier gestempelt sind“, sagt Dr. Stefanie Hinz vom Institut. Der Code verrät kundigen Kunden vieles. Die erste Ziffer ist eine „0“ (Bio-Haltung), „1“ (Freilandhaltung), „2“ (Bodenhaltung) oder „3“ (Käfighaltung). „Eine entsprechende Tafel, die das erklärt, muss an jedem Eier-Stand hängen“, verdeutlichen Doris Gräfe und Marina Steiner. Beide arbeiten für die Verbraucherzentrale und begleiten die städtischen Kontrolleure bei dieser Aktion.
Hinter der ersten Ziffer folgen Buchstaben, die das Herkunftsland benennen. „Und mit den Zahlen dahinter können wir genau feststellen, von welchem Hof das Ei stammt und sogar aus welchem Stall“, erklärt Dr. Hinz. Im Labor testet sie dann, ob das Ei frisch ist. Dafür wird etwa das Ei auf eine simple 40-Watt-Leuchte gestellt. Dreht man es und der Dotter beginnt im Ei-Inneren zu wandern, ist was faul. Der Merksatz lautet: Je starrer der Dotter, desto frischer das Ei.
Verschmierte Stempel, fehlende Haltbarkeits-Angaben
Die Schale wird auf Blutflecken geprüft. „Das ist oft ein Indiz für geplatzte Äderchen im Eileiter der Hühner und zeigt die hohe Stressbelastung für die Tiere“, so Dr. Hinz. Weiterer Kritikpunkt der Prüfer: Zwar wiesen alle kontrollierten Händler darauf hin, wenn sie etwa Eier aus der Freilandhaltung anboten. Das Wort „Käfighaltung“ war bei den entsprechenden Exemplaren aber nirgends zu entdecken. „Das ist zwar zwingend vorgeschrieben, war jedoch nur dem Stempelaufdruck zu entnehmen“, so Instituts-Leiter Norbert Vreden.
Bei einigen Händlern waren die Stempel verschmiert und daher schwer oder gar nicht mehr lesbar. Das wird ebenso reklamiert wie die fehlende Haltbarkeits-Angabe, die aber nur für lose verkaufte Eier vorgeschrieben ist. Einer von vier Markthändlern bot so genannte Knickeier an – also beschädigte. „Die sind im Handel nicht zulässig. Die dürfen nur in der Industrie zur Weiterverarbeitung genutzt werden“, erklärt Vreden. Denn hier drohe schnell ein hygienisches Problem in Form von Keimen, die durch die zerbrochene Schale ins Ei-Innere dringen können. Daher zog Volker Jeup die Knickeier sofort ein. Dann eilte er weiter. Auf der Suche nach dem nächsten faulen Ei.